(Nürnberg) Legt der Steuerpflichtige zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts das Gutachten eines Sachverständigen für Grundstücksbewertung vor und gelangt der Gutachter nach einer Wertermittlung sowohl im Sachwert- als auch im Ertragswertverfahren mit zutreffender Begründung dazu, dass das Grundstück ausschließlich im Ertragswertverfahren zu bewerten ist, handelt das Finanzamt rechtswidrig, wenn es den Grundstückwert ohne weitere Begründung auf den Mittelwert beider Werte feststellt.

Dies, so der Nürnberger Erb- und Steuerfachanwalt Dr. Norbert Gieseler, Vizepräsident  der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung  für Erb- und Familienrecht e. V. (DANSEF) mit Sitz in Nürnberg, ist der Tenor eines am 18.03.2009 veröffentlichten Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. Dezember 2008 – AZ.: II R 19/08 -.

In dem Fall erbten die Kläger 2003 je zur Hälfte den hälftigen Miteigentumsanteil ihrer Mutter einem  gewerblich genutzten und bebauten Grundstück. Das Finanzamt stellte den Grundbesitzwert auf den Todestag der Mutter diesen Wert auf 1 958 000 € fest. Der Wert war gemäß § 146 Abs. 2 Sätze 1 und 2 des Bewertungsgesetzes in der zum Bewertungsstichtag geltenden Fassung (BewG) ermittelt.

Gegen den Bescheid legten die Kläger unter Vorlage des Privatgutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Grundstücksbewertung Einspruch ein mit dem Begehren, den Grundstückswert niedriger, nämlich auf 1 180 000 € festzustellen. Der Gutachter hatte für das gesamte Grundstück einen Sachwert von 1 697 000 € und einen Ertragswert von 1 180 000 € ermittelt und die Ansicht vertreten, im Streitfall sei ausschließlich die Ertragswertmethode sachgerecht.

Das Finanzamt gab dem Begehren lediglich teilweise statt, indem es den Grundstückswert auf 1 438 500 € minderte. Dabei handelte es sich um den Mittelwert aus den vom Gutachter bestimmten Sach- und Ertragswerten.

Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht war der Ansicht, ein niedrigerer gemeiner Wert des Grundstücks als durch die Einspruchsentscheidung festgestellt, sei nicht nachgewiesen. Es sei unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt, den festgestellten Sachwert völlig unberücksichtigt zu lassen.

Mit der Revision rügen die Kläger fehlerhafte Anwendung des § 146 Abs. 7 BewG. Das Finanzgericht  habe ohne eigene Sachkenntnis die Ausführungen des Privatgutachters zur Maßgeblichkeit des Ertragswertverfahrens übergangen und die Mittelwertmethode des Finanzamts  gebilligt. Damit habe es seine Sachaufklärungspflicht und das Recht auf Gehör verletzt.

Der BFH, so Gieseler, hielt diese Revision nun für begründet. Die Annahme des Finanzgerichts, das Finanzamt habe zu Recht den Grundstückswert auf den Mittelwert aus dem gutachterlich bestimmten Sachwert und Ertragswert festgestellt, sei durch keine rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen untermauert. Sie sei nicht das Ergebnis einer freien Beweiswürdigung des vorliegenden Privatgutachtens, sondern stelle eine bloße Rechtsbehauptung dar. Andererseits sei allerdings aber auch das beigebrachte Gutachten (noch) nicht geeignet, den von den Klägern für zutreffend gehaltenen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks nachzuweisen. Es fehle in dem Gutachten u. a. als letzter Schritt einer Grundstücksbewertung nach der Wertverordnung  die Anpassung an die Marktverhältnisse gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 WertV, sodass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts hier (noch) nicht geführt sei. Die Preisbildung am Grundstücksmarkt richte sich nicht nur nach den Ertragserwartungen der Nachfrager.

Um den Klägern zu ermöglichen, den Nachweis, etwa durch Nachbesserung des Gutachtens, noch zu führen, wurde die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Gieseler ermunterte vor diesem Hintergrund Erben und Beschenkte, nach Eingang von Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerbescheiden, insbesondere bei höheren Bodenwerten, unverzüglich steuerlichen Rechtsrat einzuholen und verwies in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DANSEF – Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung  für Erb- und Familienrecht e. V – www.dansef.de -, in der bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierte Rechtsanwälte und Steuerberater organisiert sind.

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Dr. Norbert Gieseler
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