Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, Beschluss vom 23.05.2022, AZ 1 BvR 842/22

Aus­ga­be: 06/2022Fami­li­en­recht

1a. Die Ver­fah­rens­fä­hig­keit der Betrof­fe­nen im Betreu­ungs­ver­fah­ren, die gem §275 FamFG unab­hän­gig von ihrer Geschäfts­fä­hig­keit besteht, ist Aus­druck der Aner­ken­nung ihrer Men­schen­wür­de und ihres Per­sön­lich­keits­rechts. Dabei befä­higt §275 FamFG die betrof­fe­ne Per­son ua dazu, eine Ver­fah­rens­voll­macht auch bei Feh­len eines natür­li­chen Wil­lens zu ertei­len (vgl BVerfG, 06.07.2020, 1 BvR 2843/17 mwN).

1b. Miss­ach­tet ein Gericht im Betreu­ungs­ver­fah­ren die Vor­schrift des §275 FamFG, indem es – wie hier – die Beschwer­de der betrof­fe­nen Per­son in nicht nach­voll­zieh­ba­rer Wei­se unter Hin­weis auf deren feh­len­de Geschäfts­fä­hig­keit ver­wirft, so ver­letzt dies den Anspruch auf effek­ti­ven Rechts­schutz (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG).

2. Hier:
Unzu­läs­sig­keit der Ver­fas­sungs­be­schwer­de man­gels hin­rei­chen­der Begrün­dung (§§23 Abs 1 S 2, 92 BVerfGG). Da das Beschwer­de­ge­richt sei­ne Ent­schei­dung auf die Unbe­gründ­etheit des Rechts­mit­tels gestützt hat, wäre zu einer ver­ant­wort­ba­ren Beur­tei­lung durch das BVerfG insb das Gut­ach­ten der medi­zi­ni­schen Sach­ver­stän­di­gen vor­zu­le­gen gewe­sen, das im Aus­gangs­ver­fah­ren erstat­tet wor­den war (zu den Begrün­dungs­an­for­de­run­gen sie­he etwa BVerfG, 10.10.1995, 1 BvR 1476/91, BVerfGE 93, 266 ).

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