(Stutt­gart) In letz­ter Zeit wur­de sehr viel über LGBTQ gespro­chen. Ins­be­son­de­re die letz­te Fuß­ball Welt­meis­ter­schaft in Qatar Ende 2022 hat­te mit „One love Arm­bin­den“ und ande­ren Aktio­nen dafür gesorgt, dass das The­ma wie­der ver­stärkt in den Blick­punkt der Öffent­lich­keit gerät. 

Dabei wis­sen gera­de vie­le älte­re Men­schen nicht ein­mal, was LGBTQ eigent­lich bedeu­tet, so der Stutt­gar­ter Fach­an­walt für Erbrecht Micha­el Henn, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e.V., mit dem Sitz in Stuttgart.

Die Abkür­zung “LGBTQ” kommt aus dem Eng­li­schen und steht für “Les­bi­an – Gay — Bise­xu­al — Trans­gen­der — Queer”. Deutsch über­setzt, so Henn, ist dies also eine Sam­mel­be­zeich­nung für “Les­bisch – Schwul — Bise­xu­ell — Trans­gen­der — Queer”. Damit sol­len sich Per­so­nen iden­ti­fi­zie­ren kön­nen, die nicht den ein­ge­schlecht­li­chen und hete­ro­se­xu­el­len Nor­men folgen.

Nach­dem die­ses The­ma in der Öffent­lich­keit so breit­ge­tre­ten wur­de, so Fach­an­walt für Erbrecht Henn aus sei­ner Pra­xis, begin­nen sich plötz­lich mehr und mehr Leu­te zu fra­gen, ob geschlecht­li­che Son­der­for­men irgend­ei­ne Rol­le im Erbrecht oder bei der Tes­ta­ments­ge­stal­tung spie­len. So habe sich ein Man­dant bereits dar­über gesorgt, dass sein als männ­li­cher Sohn mit dem Vor­na­men Karl Gebo­re­ne, den er auch so in sei­nem Tes­ta­ment ein­ge­setzt habe, nach sei­nem Able­ben plötz­lich nicht mehr Karl, son­dern Car­la hei­ße, weil er viel­leicht in der Zwi­schen­zeit eine Geschlechts­um­wand­lung vor­ge­nom­men habe.

In die­sem Fall, so Henn, konn­te der Man­dant jedoch beru­higt wer­den, denn auch wenn der Grund­satz gel­te, dass ein Erbe oder eine Erbin im Tes­ta­ment aus­drück­lich klar iden­ti­fi­zier­bar zu benen­nen sei, lie­ße sich spä­ter durch Vor­la­ge einer Vor­na­mens- und Per­so­nen­stands­än­de­rungs­ur­kun­de nach­wei­sen, dass es sich hier um die­sel­be Per­son han­de­le. Wich­tig sei, wel­che Vor­stel­lun­gen der Erb­las­ser bei sei­ner Tes­ta­ments­ab­fas­sung gehabt habe, so Henn.

Auch im Übri­gen sei­en zB ins­be­son­de­re „gleich­ge­schlecht­li­che Part­ner­schaf­ten“ durch das Lebens­part­ner­schafts­ge­setz sowohl im Erb- als auch im Fami­li­en­recht einer nor­ma­len Ehe gleich­ge­stellt wor­den. Vor­aus­set­zung sei dafür aller­dings, dass es sich um eine „ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner­schaft“ han­de­le. Wer nur so gleich­ge­schlecht­lich zusam­men­le­be, kön­ne die Vor­tei­le des Lebens­part­ner­schafts­ge­set­zes nicht genie­ßen, die da zB sind: vol­les Erb- und Pflicht­teils­recht und seit der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts aus dem Jah­re 2010 auch erb- und schen­kungs­steu­er­lich die­sel­ben Frei­be­trä­ge und Steu­er­sät­ze wie bei Ehepartnern.

Gleich­wohl, so betont Henn, gäbe es bei so viel Licht auch Schat­ten, denn nicht alle Eltern sind damit ein­ver­stan­den, wenn ihre Kin­der den “LGBTQ” ange­hö­ren. So sei es durch­aus auch schon vor­ge­kom­men, dass Erb­las­ser die Tes­ta­ment­s­ein­set­zung eines Kin­des davon abhän­gig machen woll­ten, dass die­ses aus ihrer Sicht „nor­mal“ ist.

Die­ses Recht, so Henn, steht dem Erb­las­ser und Testa­tor grund­sätz­lich auch zu, da er auf­grund der ihm nach Art. 14 Grund­ge­setz (GG) zuste­hen­den Tes­tier­frei­heit selbst und frei dar­über ent­schei­den kann wen er als Erben einsetzt.

Daher, so Henn, ist es durch­aus denk­bar, dass ein Erb­las­ser zB fol­gen­des Tes­ta­ment errichtet:

  1. Erben nach mei­nem Tode sol­len mein Sohn Hans und mei­ne Toch­ter Chris­ta – je zur Hälf­te – sein.
  2. Soll­te mein Sohn Hans bei mei­nem Able­ben in einer gleich­ge­schlecht­li­chen Part­ner­schaft leben oder eine Geschlechts­um­wand­lung vor­ge­nom­men haben, ist mei­ne Toch­ter Chris­ta Allein­er­bin. Mein Sohn Hans erhält in die­sem Fall nur sei­nen Pflichtteil.

Wäh­rend also hier im Nor­mal­fall Sohn und Toch­ter je zur Hälf­te geerbt hät­ten, so Henn, kommt es bei Vor­lie­gen von Zif­fer 2. dage­gen pro­zen­tu­al zu fol­gen­der Auf­tei­lung: Die Toch­ter erhält alles und der Sohn hat einen (Geld-) Anspruch von 25 % auf das ver­erb­te Vermögen.

Frag­lich, so betont Fach­an­walt Henn, ist jedoch, ob ein der­ar­ti­ges Tes­ta­ment vor Gericht auch Bestand habe, wenn der so „Ent­erb­te“ die­se Klau­sel wegen Sit­ten­wid­rig­keit anfech­ten wür­de. Hät­te die­se Kla­ge Erfolg, so Henn, wäre die­se Klau­sel nach § 138 BGB wegen Sit­ten­wid­rig­keit nich­tig. Ziff. 1 des Tes­ta­men­tes wäre dann maß­geb­lich für die Erb­fol­ge, wonach bei­de je Kin­der je die Hälf­te erben.

Gerich­te haben in frü­he­ren Ent­schei­dun­gen fol­gen­de Maß­stä­be für die recht­li­che Beur­tei­lung entwickelt:

Im Streit­fall sind die Tes­tier­frei­heit des Erb­las­sers einer­seits mit den grund­recht­lich geschütz­ten Rech­ten des bzw. der Erben ande­rer­seits abzu­wä­gen. Schutz­be­dürf­tig sind alle Frei­heits­rech­te des Bedach­ten, die sei­ne unab­hän­gi­ge, per­sön­li­che Lebens­füh­rung garan­tie­ren (z.B. Ehe­schlie­ßungs­frei­heit, Berufs­frei­heit, Reli­gi­ons­frei­heit). Die­se Per­sön­lich­keits­rech­te sind umfas­send gegen die Tes­tier­frei­heit des Erb­las­sers abzu­wä­gen. Dabei muss sich der Erb­las­ser umso stär­ke­re Beschrän­kun­gen sei­ner Tes­tier­frei­heit gefal­len las­sen, je stär­ker Per­sön­lich­keits­rech­te des Bedach­ten beein­träch­tigt oder gefähr­det werden.

Nach Ansicht von Fach­an­walt für Erbrecht Henn spricht vie­les dafür, dass eine sol­che Kla­ge erfolg­reich wäre, kon­kre­te Ent­schei­dun­gen zu die­sem The­ma sei­en aber noch nicht bekannt.

Henn emp­fahl, dies zu beach­ten und sich bei Vor­lie­gen o. a. Fäl­le vor­ab immer anwalt­lich bera­ten zu las­sen und ver­weist hier­bei auf die auf Erbrecht spe­zia­li­sier­ten Rechtsanwälte/innen in der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., — www.dansef.de .

 

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