(Stuttgart) Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat soeben entschieden, dass auch nach vorangegangenem Erbscheinverfahren ein Europäisches Nachlasszeugnis nicht erteilt werden kann, sofern hiergegen von einem anderem Beteiligten Einwände erhoben werden.
Darauf verweist Fachanwalt für Erbrecht Michael Henn von der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., Stuttgart unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 16.12.2025 zu seinem Beschluss vom 3.12.2025, Az. 21 W 96/23.
Der Erblasser war deutscher Staatsbürger und verfügte über Immobilienvermögen in Polen. Er war verheiratet. Die vorverstorbene Ehefrau brachte einen vorverstorbenen Sohn und zwei Töchter, die Beteiligten zu 1) und 2), mit in die Ehe ein. Die Eheleute hinterließen ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und die Kinder der Ehefrau als Schlusserben einsetzten. Nach dem Tod der Ehefrau errichtete der Erblasser im Jahr 2001 ein weiteres Testament, mit dem er nunmehr die Beteiligte zu 1) zur Alleinerbin berief.
Die Beteiligte zu 1) hat ein Europäisches Nachlasszeugnis beantragt und im Verlauf des Verfahrens ebenfalls einen Erbschein. Beide Zeugnisse sollten sie als Alleinerbin ausweisen. Der beantragte Alleinerbschein wurde erteilt. Die Beteiligte zu 2) hat die Einziehung des Erbscheins beantragt und sich gegen die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses mit dem Argument gewandt, der Erblasser sei im Jahr 2001 nicht testierfähig gewesen.
Das Nachlassgericht hat aufgrund des erhobenen Einwandes den Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen. Im Fall der Erhebung von Einwänden sei das Nachlassgericht in erster Instanz gehindert, ein Europäisches Nachlasszeugnis zu erteilen. Über die Einziehung des Erbscheins ist bislang nicht entschieden worden.
Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat die Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt. Der zuständige 21. Zivilsenat hat die Beschwerde zurückgewiesen. Der Senat hat seine Entscheidung vom 7. Juli 2025 (PI Nr. 46/2025) bekräftigt, wonach auch das Beschwerdegericht im Fall von Einwänden an der Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses jedenfalls dann gehindert sei, sofern – wie hier – der in Frage stehende Einwand sich nicht sogleich durch einfach und zügig zu erledigende Aufklärungsmaßnahmen ausräumen lasse. Hiervon sei nur dann eine Ausnahme zu machen, sofern über den Einwand bereits rechtskräftig entschieden worden sei. Da ein Erbscheinverfahren nur in formelle und nicht in materielle Rechtskraft erwachse, ändere das aus Sicht der Antragstellerin bereits erfolgreich durchgeführte Erbscheinverfahren hieran nichts. Dies zeige sich schon daran, dass der zugunsten der Beteiligten zu 1) erteilte Alleinerbschein der Einziehung unterliegen könne.
Da ungeklärt sei, ob nicht nur das Nachlassgericht, sondern auch der Senat im Fall von Einwänden an der Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gehindert sei, hat der Senat die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Henn empfahl dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 600 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts‑, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.
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