(Stutt­gart) Pflicht­teils­straf­klau­seln in gemein­schaft­li­chen Tes­ta­men­ten sol­len den Nach­lass für den über­le­ben­den Ehe­gat­ten mög­lichst unge­schmä­lert erhal­ten. Wird die Ver­wir­kung der Pflicht­teils­klau­sel von den Tes­tie­ren­den nicht nur an das Ver­lan­gen des Pflicht­teils, son­dern auch an den Erhalt des Pflicht­teils geknüpft, setzt die Ver­wir­kung der Klau­sel einen tat­säch­li­chen Mit­tel­ab­fluss voraus.

Ohne Mit­tel­ab­fluss, so der Stutt­gar­ter Fach­an­walt für Erbrecht Micha­el Henn, Vize­prä­si­dent der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die Pres­se­mit­tei­lung des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Frank­furt am Main vom 6.03.2023 zu sei­nem Beschluss vom 21.02.2023 — Az. 21 W 104/22 – bestehe kein Sanktionierungsgrund.

Die Erb­las­se­rin hat­te mit ihrem vor­ver­stor­be­nen Ehe­mann ein pri­vat­schrift­li­ches gemein­schaft­li­ches Tes­ta­ment errich­tet. Sie hat­te aus einer frü­he­ren Ehe eine Toch­ter, ihr ver­stor­be­ner Ehe­mann hat­te aus frü­he­ren Ehen zwei Töch­ter. Die Ehe­leu­te setz­ten sich gegen­sei­tig zu Allein­er­ben ein.

Wei­ter hieß es: ‚Wir gehen davon aus, dass unse­re Kin­der kei­nen Anspruch auf einen Pflicht­teil nach dem Tod des erst­ver­stor­be­nen Eltern­teils erhe­ben. Nach dem Tod des über­le­ben­den Part­ners wird das Ver­mö­gen unter den Kin­dern (…Namen der drei Töch­ter) zu glei­chen Tei­len auf­ge­teilt. Aus­ge­nom­men ist dabei das Kind, das einen Pflicht­teil bean­sprucht und erhal­ten hat.‘

Die Toch­ter der nun als zuletzt versterben­den Erb­las­se­rin bean­trag­te einen Erb­schein, der sie und eine der zwei Töch­ter des vor­ver­stor­be­nen Ehe­man­nes zu je 1/2 als Erbin­nen aus­wei­sen soll. Sie meint, die wei­te­re Toch­ter sei nicht Erbin der Erb­las­se­rin gewor­den sei, da sie nach dem Tod ihres Vaters ihren Pflicht­teil gel­tend gemacht habe.

Das Nach­lass­ge­richt hat den Erb­scheins­an­trag der Toch­ter der Erb­las­se­rin zurück­ge­wie­sen. Die hier­ge­gen ein­ge­leg­te Beschwer­de hat­te auch vor dem OLG kei­nen Erfolg.

Gemäß der tes­ta­men­ta­ri­schen Schluss­erben­be­stim­mung sei­en alle drei Töch­ter Erbin­nen zu jeweils ein Drit­tel gewor­den, bestä­tig­te das OLG. Die drit­te Toch­ter habe ihren Erb­an­spruch nicht ver­wirkt. Nach dem Tes­ta­ment soll­te das­je­ni­ge Kind von der Schluss­erb­schaft aus­ge­nom­men wer­den, wel­ches nach dem Tod des Erst­versterben­den sei­nen Pflicht­teil bean­sprucht und (tat­säch­lich auch) erhal­ten hat. Vor­aus­set­zung für das Aus­lö­sen der Sank­ti­ons­wir­kung sei damit — abwei­chend von den übli­chen Klau­seln — nicht nur die Gel­tend­ma­chung des Pflicht­teils, son­dern zusätz­lich auch ein Mit­tel­ab­fluss vom Nach­lass­ver­mö­gen. Ob die Toch­ter hier über­haupt ihren Pflicht­teil gel­tend gemacht habe, kön­ne offen­blei­ben. Jeden­falls habe sie nicht ihren Pflicht­teil und auch sonst nichts aus dem Nach­lass­ver­mö­gen erhalten.

Der Hin­weis der ande­ren Töch­ter, sie habe ihren Pflicht­teil erhal­ten, die­ser sei aber ‚gleich null‘ gewe­sen, über­zeu­ge nicht. Ein ‚ins Lee­re gehen­der bzw. wert­lo­ser Pflicht­teil … (löse) nicht die Sank­ti­ons­wir­kung der tes­ta­men­ta­ri­schen Pflicht­teils­klau­sel aus‘. Durch das zusätz­li­che Erfor­der­nis des „Erhal­tens“ hät­ten die Ehe­leu­te deut­lich gemacht, dass es ihnen ‚um das Zusam­men­hal­ten des Nach­lass­ver­mö­gens, des­sen Wert­hal­tig­keit und den Schutz des über­le­ben­den Ehe­gat­ten’ gegan­gen sei. Wenn die Toch­ter nichts aus dem Nach­lass erhal­ten habe, sei der Nach­lass nicht geschmä­lert und es bestehe nach dem Wil­len der Ehe­gat­ten kein Grund für eine Sanktionierung.

Die Ent­schei­dung ist nicht anfechtbar.

Henn emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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