Streitig ist, ob dem Kläger für die Monate Juli und August 2007 Kindergeld für seinen Sohn zusteht. Dieser hatte, nachdem er die Zulassungsprüfung zur Ausübung einer Tätigkeit als Heilpraktiker zum zweiten Mal nicht bestanden hatte, die Anmeldefrist zur Teilnahme am unmittelbar darauf folgenden Prüfungsdurchgang verstreichen lassen.

Der im Jahr 1981 geborene Sohn hatte von Juni 2004 bis Juni 2006 in B. eine Heilpraktikerschule besucht, um im Anschluss die amtliche Zulassungsprüfung zur Ausübung einer Tätigkeit als Heilpraktiker ablegen zu können. Die Zulassung zur Prüfung, die unbegrenzt wiederholt werden kann, ist nach dem Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung -Heilpraktikergesetz- (HeilprG) und den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen nicht davon abhängig, dass der Prüfling die Teilnahme an entsprechenden Vorbereitungskursen nachweist (vgl. z.B. Merkblatt der Stadt B. über die Erteilung der Erlaubnis als Heilpraktiker ohne Bestallung). Im Anschluss an die Heilpraktikerschule belegte er bei einer Familienbildungsstätte einen weiteren Kurs zur Vorbereitung auf die Amtliche Heilpraktiker-Überprüfung.
Die bei der Stadt C. im März 2007 und Juni 2007 durchgeführten Prüfungen hatte der Sohn nicht bestanden. Den von der Stadt C. im Ablehnungsschreiben mitgeteilten Termin zur Anmeldung für den nächsten Prüfungsdurchgang im Oktober 2007 hatte er verstreichen lassen und sich erst im September 2007 für die Prüfung im März 2008 angemeldet. In der Zwischenzeit hatte er bei einem Reinigungsunternehmen befristet bis zum 31. Dezember 2007 auf 400-Euro-Basis gearbeitet, wobei die wöchentliche Arbeitszeit maximal 20 Stunden betragen durfte.

Den Prüfungstermin im März 2008 nahm er ebenfalls nicht wahr, nachdem ihn die Gesundheitsbehörde der Stadt C. mit Schreiben vom 8. November 2007 über die geänderten Voraussetzungen zur Ortsansässigkeit der die Zulassung beantragende Personen informiert hatte. Da er bis Jahresende auch keinen Antrag zur Prüfung bei der Stadt B. eingereicht hatte, konnte er ebenfalls nicht an der im März 2008 von der Stadt B. durchgeführten Prüfung, sondern erst an der Prüfung im Oktober 2008 teilnehmen. Diese Prüfung hat er ebenfalls nicht bestanden, zur Vermeidung einer Kostenpflicht den Antrag zurückgezogen und sich für die im März 2009 angebotene Prüfung angemeldet.

Die Familienkasse lehnte mit Bescheid vom … die Festsetzung von Kindergeld ab Juli 2007 ab, weil sie der Ansicht war, der Sohn habe sich ab Juli 2007 nicht mehr in Ausbildung befunden, nachdem er nicht die Wiederholung der Prüfung zum nächstmöglichen Zeitpunkt beantragt habe. Daher habe für den Sohn kein Kindergeldanspruch mehr bestanden.

Den fristgerecht eingelegten Einspruch begründete der Kläger damit, dass seiner Ansicht nach die Zeit der Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung zur Berufsausbildung gehöre, wenn sich das Kind ernstlich auf die Wiederholungsprüfung vorbereite. Entsprechend habe auch das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 10. Juli 2007 (10 K 4278/06, EFG 2007, 1529) entschieden. Sein Sohn habe sich weiter ausgebildet und auf die Prüfung vorbereitet. Zum Nachweis legte er ein Zertifikat vom über die Einweihung in den ersten Reiki-Grad vor. Sein Sohn habe sich erst zum übernächsten Termin anmelden können, weil er die sofort fälligen Prüfungsgebühren nicht habe zahlen können. Da er für den Unterhalt seines Sohnes sorge, sei auch seine steuerliche Leistungsfähigkeit gemindert.

Die Familienkasse setzte mit Bescheid vom … wegen der im September 2007 erfolgten Anmeldung zur Prüfung das Kindergeld für die Monate ab September 2007 fest und wies den Einspruch mit Einspruchsbescheid vom … als unbegründet zurück.

In der Begründung vertrat sie die Auffassung, der Sohn habe sich, nachdem er die Prüfung im Juni 2007 nicht bestanden habe, in den Monaten Juli und August 2007 nicht mehr in Ausbildung für einen Beruf befunden und diese auch nicht zum nächstmöglichen Termin fortsetzen wollen. Die Ausbildung zum Erlangen des ersten Reiki-Grades sei keine Ausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a Einkommensteuergesetz (EStG). Auch die Voraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG (Berufsausbildung kann mangels Ausbildungsplatz nicht begonnen oder fortgesetzt werden) sei nicht erfüllt. Hierzu sei erforderlich, dass das Kind die Absicht habe, seine Ausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt abzuschließen. Eine dahingehende Absicht sei nur erkennbar, wenn das Kind sich bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung zum nächstmöglichen Termin der Wieder-holungsprüfung anmelde. Der Sohn habe jedoch einen Prüfungstermin verstreichen lassen. Das beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen III R 70/07 anhängige Verfahren betreffe einen anderen Sachverhalt, weil sich in diesem Fall das Kind zum nächstmöglichen Zeitpunkt für eine Wiederholungsprüfung angemeldet habe. Auch die Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber einem volljährigen Kind begründe keinen Kindergeldanspruch.
Gegen den Einspruchsbescheid hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben und meint unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Einspruchsverfahren im Wesentlichen, dass er auch für die Monate Juli und August 2007 einen Anspruch auf Kindergeld habe, weil sich sein Sohn auch in diesen beiden Monaten ernstlich und dauerhaft auf die Prüfung vorbereitet und damit noch in Ausbildung befunden habe. Er trägt vor, die Vorbereitungen und Prüfungen seien mit erheblichen Kosten verbunden und weder er noch sein Sohn, der kein eigenes Einkommen gehabt habe, seien in der Lage gewesen, die Kosten kurzfristig aufzubringen. Daher habe der Sohn den auf die Prüfung unmittelbar folgenden Anmeldetermin verstreichen lassen und zum Ansparen der Mittel einen 400-€-Job angenommen. Er habe sich aber auch in diesen beiden Monaten ernsthaft auf die Wiederholungsprüfung vorbereitet; die Vorbereitung sei nicht durch die Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit unterbrochen worden.

Der Kläger beantragt,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer im Vorverfahren vertretenen Auffassung fest. Die Anmeldung zum nächstmöglichen Prüfungstermin sei Voraussetzung für die Kindergeldfestsetzung und die Wiederholungsprüfung gehöre nur dann zur Berufsausbildung, wenn es sich um den nächstmöglichen Prüfungstermin handele. Dies gelte auch, wenn dieser Termin aus finanziellen Gründen nicht wahrgenommen werde.

Die Familienkasse trägt ergänzend vor, das Verhalten des Sohnes in der Folgezeit sei ein Indiz dafür, dass dieser nicht ernsthaft bemüht gewesen sei, die Prüfung zum nächstmöglichen Termin abzulegen. Obwohl er Anfang November 2007 von der Stadt C. auf die veränderten Zulassungsbedingungen hingewiesen worden sei, habe er weder auf das Schreiben der Stadt C. reagiert noch umgehend einen Antrag bei der Stadt B. gestellt, sondern erst Ende Februar die Zulassung in B. beantragt und somit auch in B. den Stichtag zur Anmeldung für die Prüfung im März 2008 versäumt.

Der Sohn habe sich in den Zeiträumen zwischen den jeweiligen Anmeldeterminen auch nicht in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befunden und damit nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2b EStG erfüllt, weil die Prüfung und die Anmeldefrist hierzu keine Ausbildungsabschnitte im Sinne der Vorschrift seien.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet.
Die Beklagte hat im Bescheid vom … zu Recht die Festsetzung des Kindergeldes für die Monate Juli und August 2007 abgelehnt, weil sich der Sohn des Klägers nach der erfolglosen Prüfungsteilnahme im Juni 2006 nicht mehr in Ausbildung befunden hat.

Gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) werden Kinder, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, bei der Kindergeldfestsetzung berücksichtigt, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden. Unter dem Begriff Berufsausbildung versteht man jede ernstlich betriebene Vorbereitung auf einen künftigen Beruf; hiervon erfasst sind alle Maßnahmen zum Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen, die als Grundlage für die Ausbildung des angestrebten Berufs geeignet sind (Schmidt/Loschelder, EStG Kommentar, 27. Aufl. § 32 Rz. 26). Die Berufsausbildung beginnt mit der tatsächlichen Aufnahme und endet, wenn das Kind sein Berufsziel erreicht hat oder die Ausbildung nicht mehr ernsthaft betreibt (Schmidt/Loschelder, EStG Kommentar, 27. Aufl. § 32 Rz. 29). In Berufsausbildung befindet sich daher auch, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet (BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004, VIII R 44/04, BFH/NV 2005, 1039).

Unter Heranziehung der vorstehenden Grundsätze hat sich der Sohn des Klägers nach der erfolglosen Teilnahme an der Prüfung im Juni 2007 nicht mehr in Berufsausbildung befunden. Der Tatsache, dass der Sohn zu dieser Zeit sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, weil ihm die staatliche Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit als Heilpraktiker gefehlt hat, kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, weil das Gericht nicht feststellen konnte, dass er sich nach dem Nichtbestehen der Prüfung in den Monaten Juli und August ernsthaft auf die Erreichung seines Berufsziels vorbereitet, d.h. seine Berufsausbildung ernsthaft betrieben hat.
Die Ausbildung zum Heilpraktiker ist keine staatlich anerkannte Berufsausbildung, bei der in Übereinstimmung mit § 5 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) die Prüfungs-anforderungen in einer Ausbildungsordnung geregelt sind. Die Ausbildung zum Heilpraktiker endet auch nicht mit dem Bestehen einer nach § 37 BBiG im Anschluss an eine theore-tische und/oder praktische Unterweisung des Auszubildenden durchgeführte Abschlussprüfung, sondern die praktische Ausübung der konkreten Tätigkeit ist nach § 1 HeilpG mit einem Erlaubnisvorbehalt versehen, wobei die Prüfung zur Erteilung der Erlaubnis auch von Personen abgelegt werden kann, die zuvor keine spezifische Ausbildung auf diesem Gebiet absolviert haben. Zwar erfüllt der bei der Heilpraktikerschule angebotene, auf die Dauer von zwei Jahren angelegte Kurs die Anforderungen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG hinsichtlich der Ausbildungsdauer an eine Ausbildung zu stellen sind; da jedoch keine staatliche Abschlussprüfung vorgesehen ist, endet diese Ausbildung in entsprechender Anwendung der in § 21 BBiG getroffenen Regelungen grundsätzlich zunächst mit dem planmäßigen Ende des Kurses. Damit endete die Ausbildung des Sohnes zunächst mit dem letzten Schultag im Juni 2006.

Ob die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG vorliegen, ist für jeden Kalendermonat gesondert zu prüfen (§ 32 Abs. 4 S. 7 EStG); daher ist eine weitere, die Festsetzung von Kindergeld begründende, ernstliche Vorbereitung zur Erreichung des Berufsziels im Anschluss an diesen Unterricht nur dann anzunehmen, wenn der Sohn für die nachfolgenden Monate durch weitere –auch in Eigenverantwortung durchgeführte– Maßnahmen seine ernstliche Vorbereitung auf das Berufsziel nachweist.
Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (Urteil des FG Düsseldorf vom 10. Juli 2007, 10 K 4278/06 Kg, EFG 2007, 1529 m.w.N. zur Rechtsprechung des BFH). Das Belegen eines weiteren Kurses zur Prüfungsvorbereitung ist eine Vorbereitungsmaßnahme im oben genannten Sinn, so dass sich der Sohn auch noch in Ausbildung befunden hat, als er sich bei der Familienbildungsstätte auf die Prüfung vorbereitet hat. Auch indiziert die Anmeldung zur frühestmöglichen amtlichen Überprüfung nach dem Abschluss extern durchgeführter Vorbereitungsmaßnahmen, dass das Kind sich weiterhin ernstlich auf den Abschluss und damit auf die Erreichung seines Berufsziels vorbereitet. Insoweit ist die Familienkasse zutreffend davon ausgegangen, dass der Sohn sich durch die Anmeldung und Teilnahme an den Prüfungen im März und Juni 2007 weiter ernstlich vorbereitet und demzufolge in Ausbildung befunden hat.
Wird aber wie im Streitfall dieser unmittelbare (zeitliche) Zusammenhang der einzelnen Maßnahmen zur Erreichung des Berufsziels der den Rückschluss auf die ernstliche Vorbereitung begründet unterbrochen, sind weitere Nachweise für die Feststellung erforderlich, dass nicht auch die Vorbereitung und damit die Berufsausbildung selbst unterbrochen gewesen ist.

Der Kläger hat nicht nachweisen können, dass sich sein Sohn, nachdem er die Überprüfung zum zweiten Mal nicht bestanden hat, in den Monaten Juli und August 2007 weiter ernsthaft auf die Erreichung seines Zieles, als Heilpraktiker tätig zu sein, vorbereitet und damit seine Ausbildung ernsthaft betrieben hat. Insbesondere hat er nicht nachgewiesen, dass er weiteren Unterricht zur Vervollständigung seiner Kenntnisse genommen hat, um so die Chancen für einen erfolgreichen Abschluss der Prüfung im nächsten Durchgang zu erhöhen. Das Zertifikat über die Einweihung in den ersten Reiki-Grad reicht nicht aus, um ausgehend hiervon auf ernsthafte Vorbereitungshandlungen des Sohnes schließen zu können. Die amtliche Überprüfung umfasst im Wesentlichen die Abfrage von Kenntnissen im medizinischen und hygienischen Bereich sowie in der Berufs- und Gesetzeskunde. Reiki, eine fernöstliche Form des Handauflegens, die nach Auffassung der gesetzlichen Krankenkassen keine medizinische Therapiemethode ist (vgl. AOK, Alternative Therapien im Überblick), ist nicht Prüfungsgegenstand, so dass aus dem Erwerb des Zertifikats nicht auch auf den Erwerb weiterer prüfungsrelevanter Kenntnisse geschlossen werden kann. Andere Maßnahmen zum Erwerb zusätzlicher Kenntnisse, insbesondere solche, die die Möglichkeiten zum erfolgreichen Abschluss hätten verbessern können, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Auch das Argument der fehlenden finanziellen Mittel vermag keine andere Schlussfolge zu begründen. Es mag zwar sein, dass der Sohn in den fraglichen Monaten die Absicht hatte, sein Berufsziel zu erreichen. Die Absicht als innere Tatsache lässt sich jedoch nur anhand äußerer Umstände feststellen. Da es keine Anhaltspunkte gibt, anhand derer ein Rückschluss auf die Durchführung von Vorbereitungsmaßnahmen möglich ist, ist der Umstand, dass der Sohn eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, ein Indiz dafür, dass in diesen beiden Monaten eine Unterberechung der Vorbereitung und damit auch der Berufsausbildung erfolgte und somit die Voraussetzungen für die Festsetzung von Kindergeld nicht vorgelegen haben.
Der Streitfall ist insoweit vom Sachverhalt her auch nicht mit dem Verfahren des FG Düsseldorf (Urteil vom 10. Juli 2007, 10 K 4278/06 Kg, EFG 2007, 1529, Rev. III R 70/07) vergleichbar. Der Sohn des Klägers hat sich weder in einer Ausbildung zu einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf mit einer entsprechend reglementierten Abschlussprüfung befunden noch ist er durch Krankheit an der Fortsetzung oder am Abschluss seiner Ausbildung gehindert gewesen. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist mit einer durch Krankheit verursachten Unterbrechung nicht vergleichbar, da im Gegensatz zur Erkrankung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit eine bewusste Willensentscheidung des Kindes vorhergeht. Daher konnte die Klage keinen Erfolg haben.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT
URTEIL
vom
25.02.2009
Az.: 4 K 126/08