(Stutt­gart) Der u.a. für das Erbrecht zustän­di­ge IV. Zivil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat­te sich mit der Fra­ge zu befas­sen, ob der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch von Abkömm­lin­gen vor­aus­setzt, dass die­se nicht nur im Zeit­punkt des Erb­falls, son­dern schon im Zeit­punkt der Schen­kung pflicht­teils­be­rech­tigt waren. 

Dar­auf ver­weist der Nürn­ber­ger Fach­an­walt für Erb- und Steu­er­recht sowie Han­dels- und Gesell­schafts­recht Dr. Nor­bert Gie­se­ler, Vize­prä­si­dent der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., Stutt­gart, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) vom 24.05.2012 zu sei­nem Urteil vom 23. Mai 2012 — IV ZR 250/11.

Die 1976 und 1978 gebo­re­nen Klä­ger machen gegen die Beklag­te, ihre Groß­mutter, im Wege der Stu­fen­kla­ge Pflicht­teils- und Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­sprü­che nach ihrem 2006 ver­stor­be­nen Groß­va­ter gel­tend. Sie begeh­ren Aus­kunft über den Bestand des Nach­las­ses des Erb­las­sers durch Vor­la­ge eines nota­ri­ell auf­ge­nom­me­nen Ver­zeich­nis­ses, Abga­be der eides­statt­li­chen Ver­si­che­rung und Zah­lung. Die Groß­el­tern hat­ten vier Kin­der, unter ande­rem die 1984 ver­stor­be­ne Mut­ter der Klä­ger. Im Jahr 2002 errich­te­ten die Beklag­te und der Erb­las­ser ein gemein­schaft­li­ches pri­vat­schrift­li­ches Tes­ta­ment, in dem sie sich u.a. gegen­sei­tig zu Erben ein­setz­ten. Die Par­tei­en strei­ten ins­be­son­de­re dar­über, ob den Klä­gern ein Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch nach § 2325 Abs. 1 BGB zusteht, wenn sie zwar im Zeit­punkt des Todes des Erb­las­sers, nicht aber im Zeit­punkt der jewei­li­gen Schen­kun­gen pflicht­teils­be­rech­tigt waren. Im Wesent­li­chen geht es dar­um, ob der Aus­kunfts­an­spruch auch Schen­kun­gen erfasst, die der Erb­las­ser vor der Geburt der Klä­ger zuguns­ten der Beklag­ten vor­ge­nom­men hat­te. Die Vor­in­stan­zen haben der Aus­kunfts­kla­ge über­wie­gend stattgegeben.

Mit dem Urteil hat der Bun­des­ge­richts­hof das Beru­fungs­ur­teil bestä­tigt, so Dr. Gie­se­ler, und ent­schie­den, der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch nach § 2325 Abs. 1 BGB set­ze nicht vor­aus, dass die Pflicht­teils­be­rech­ti­gung bereits im Zeit­punkt der Schen­kung bestand. Sei­ne dem ent­ge­gen­ste­hen­de frü­he­re Recht­spre­chung, die eine Pflicht­teils­be­rech­ti­gung sowohl im Zeit­punkt des Erb­falls als auch der Schen­kung for­der­te (Urtei­le vom 21. Juni 1972 — IV ZR 69/71, BGHZ 59, 212, und vom 25. Juni 1997 — IV ZR 233/06, ZEV 1997, 373), sog. Theo­rie der Dop­pel­be­rech­ti­gung, hat der Senat inso­weit auf­ge­ge­ben. Hier­bei hat er neben dem Wort­laut und der Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Vor­schrift auf den Sinn und Zweck des Pflicht­teils­rechts abge­stellt, eine Min­dest­teil­ha­be naher Ange­hö­ri­ger am Ver­mö­gen des Erb­las­sers sicher­zu­stel­len. Hier­für ist es uner­heb­lich, ob der im Erb­fall Pflicht­teils­be­rech­tig­te schon im Zeit­punkt der Schen­kung pflicht­teils­be­rech­tigt war oder nicht. Die bis­he­ri­ge Auf­fas­sung führ­te dem­ge­gen­über zu einer mit dem Gleich­heits­grund­satz des Art. 3 Absatz 1 Grund­ge­setz nicht zu ver­ein­ba­ren­den Ungleich­be­hand­lung von Abkömm­lin­gen des Erb­las­sers und mach­te das Bestehen des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs von dem zufäl­li­gen Umstand abhän­gig, ob die Abkömm­lin­ge vor oder erst nach der Schen­kung gebo­ren waren.

  • § 2325 BGB Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch bei Schen­kun­gen lautet:

Hat der Erb­las­ser einem Drit­ten eine Schen­kung gemacht, so kann der Pflicht­teils­be­rech­tig­te als Ergän­zung des Pflicht­teils den Betrag ver­lan­gen, um den sich der Pflicht­teil erhöht, wenn der ver­schenk­te Gegen­stand dem Nach­lass hin­zu­ge­rech­net wird.

Dr. Gie­se­ler emp­fahl, dies zu beach­ten sowie ggfs. recht­li­chen und steu­er­li­chen  Rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de ver­wies.
 

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