(Stutt­gart) Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rin Sabi­ne Leu­theus­ser-Schnar­ren­ber­ger hat am 19. August 2010 neue Mög­lich­kei­ten für ledi­ge Väter erläu­tert, schon vor einer gesetz­li­chen Neu­re­ge­lung das gemein­sa­me Sor­ge­recht für ihre nicht­ehe­li­chen Kin­der zu erhalten.

Dar­auf ver­weist der Nürn­ber­ger Fach­an­walt für Fami­li­en­recht Mar­tin Weis­pfen­ning, Vize­prä­si­dent und Geschäfts­füh­rer „Fami­li­en­recht” der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. (DANSEF) in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die ent­spre­chen­de Mit­tei­lung des Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums vom glei­chen Tage.

Bei der elter­li­chen Sor­ge hat sich die Rechts­la­ge geän­dert. Ledi­ge Väter haben heu­te mehr Rech­te als vor einem Monat. Bis­her hat­ten Väter nicht­ehe­li­cher Kin­der kei­ne Mög­lich­keit, das gemein­sa­me Sor­ge­recht gegen den Wil­len der Mut­ter zu bekom­men. Die Zustim­mungs­ver­wei­ge­rung der Mut­ter konn­te nicht ein­mal gericht­lich über­prüft wer­den — das haben der Euro­päi­sche Gerichts­hof für Men­schen­rech­te und das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt beanstandet.

Ab sofort kön­nen betrof­fe­ne Väter eine gericht­li­che Ent­schei­dung bean­tra­gen, wenn dem gemein­sa­men Sor­ge­recht die Zustim­mungs­ver­wei­ge­rung der Mut­ter ent­ge­gen­steht. Vor­läu­fi­ge Anord­nun­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts schaf­fen neue Rechts­schutz­mög­lich­kei­ten. Betrof­fe­ne Väter müs­sen nicht auf die gesetz­li­che Neu­re­ge­lung warten.

Das Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­ri­um arbei­tet an einer gesetz­li­chen Neu­kon­zep­ti­on, die immer dann zum gemein­sa­men Sor­ge­recht führt, wenn das Kin­des­wohl nicht ent­ge­gen­steht. Die inten­si­ven Gesprä­che mit Rechts- und Fami­li­en­po­li­ti­kern der Regie­rungs­ko­ali­ti­on wer­den zügig fort­ge­setzt. Die dis­ku­tier­ten Model­le und Über­le­gun­gen müs­sen jetzt so zusam­men­ge­führt wer­den, dass dem Wohl der betrof­fe­nen Kin­der opti­mal Rech­nung getra­gen wird.

- Was plant das Bundesjustizministerium? 

Das Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­ri­um arbei­tet mit Nach­druck an der gesetz­li­chen Neu­kon­zep­ti­on des Sor­ge­rechts von nicht mit­ein­an­der ver­hei­ra­te­ten Eltern. Die inter­nen Vor­über­le­gun­gen sind weit fort­ge­schrit­ten. Auch aus dem par­la­men­ta­ri­schen Raum gibt es Vor­schlä­ge für eine Neu­re­ge­lung. Die ver­schie­de­nen Über­le­gun­gen wer­den jetzt im engen Aus­tausch mit den Fami­li­en- und Rechts­po­li­ti­kern zusammengeführt. 

Zur Dis­kus­si­on ste­hen vor allem zwei Grundmodelle: 

- Das „Wider­spruchs­mo­dell” sieht vor, dass nicht mit­ein­an­der ver­hei­ra­te­te Eltern von Anfang an das gemein­sa­me Sor­ge­recht erhal­ten, wenn die Vater­schaft geklärt ist und der Vater erklärt hat, das Sor­ge­recht gemein­sam mit der Mut­ter aus­üben zu wol­len. Die Mut­ter hät­te die Mög­lich­keit, in begrün­de­ten Fäl­len gegen die gemein­sa­me Sor­ge Wider­spruch ein­zu­le­gen. Über den Wider­spruch müss­te das Fami­li­en­ge­richt entscheiden.

- Beim „Antrags­mo­dell” erhält zunächst die Mut­ter die allei­ni­ge Sor­ge. Möch­te der Vater das gemein­sa­me Sor­ge­recht, könn­te die Mut­ter inner­halb einer bestimm­ten Frist wider­spre­chen. Geschieht dies, hät­te der Vater die Mög­lich­keit, beim Fami­li­en­ge­richt einen Antrag auf gemein­sa­me elter­li­che Sor­ge zu stellen. 

Die Dis­kus­si­on über die bei­den Grund­mo­del­le und mög­li­che Zwi­schen­for­men ist noch nicht abge­schlos­sen. Die inten­si­ven Gesprä­che mit den Rechts- und Fami­li­en­po­li­ti­kern der Regie­rungs­ko­ali­ti­on wer­den zügig fort­ge­setzt. Ziel ist, über­all dort zur gemein­sa­men Sor­ge der Eltern zu kom­men, wo das Kin­des­wohl nicht ent­ge­gen­steht. Dreh- und Angel­punkt aller Über­le­gun­gen bleibt immer das Wohl der betrof­fe­nen Kinder. 

- Was gilt für die Zeit bis zur gesetz­li­chen Neuregelung? 

Schon heu­te haben betrof­fe­ne Väter die Mög­lich­keit, bei Zustim­mungs­ver­wei­ge­rung der Mut­ter eine gericht­li­che Über­tra­gung der elter­li­chen Sor­ge zu bean­tra­gen. Das ergibt sich aus vor­läu­fi­gen Anord­nun­gen, die das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt für die Zeit bis zur gesetz­li­chen Neu­re­ge­lung getrof­fen hat. 

Bis zum Inkraft­tre­ten der Neu­re­ge­lung gilt: 

- Sind Eltern bei der Geburt ihres Kin­des nicht mit­ein­an­der ver­hei­ra­tet, erhält zunächst die Mut­ter das allei­ni­ge Sor­ge­recht kraft Gesetzes.

- Sind sich die Eltern einig, dass sie gemein­sam die elter­li­che Sor­ge aus­üben wol­len, kön­nen sie über­ein­stim­men­de Sor­ge­er­klä­run­gen abge­ben. Dar­an ändert auch die vor­läu­fi­ge Anord­nung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts nichts. Denn das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt nimmt für die Über­gangs­zeit aus­drück­lich das alte Rege­lungs­kon­zept zum Aus­gangs­punkt, wonach die Begrün­dung der gemein­sa­men Sor­ge von der Abga­be gemein­sa­mer Sor­ge­er­klä­run­gen abhän­gig ist. Die über­ein­stim­men­den Sor­ge­er­klä­run­gen müs­sen öffent­lich beur­kun­det wer­den, durch den Notar oder das Jugendamt.

- Ver­wei­gert die Mut­ter ihre Zustim­mung zur gemein­sa­men Sor­ge, obwohl der Vater eine gemein­sa­me Sor­ge­be­rech­ti­gung wünscht, kommt also eine über­ein­stim­men­de Sor­ge­er­klä­rung nicht zustan­de, so kann der Vater ab sofort die Ent­schei­dung des Fami­li­en­ge­richts bean­tra­gen, egal, seit wann die gemein­sa­me Sor­ge ver­wei­gert wird, und egal, wie alt das Kind ist. Das ergibt sich aus der Über­gangs­re­ge­lung durch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt. Das Fami­li­en­ge­richt über­trägt den Eltern das gemein­sa­me Sor­ge­recht (oder einen Teil davon), soweit zu erwar­ten ist, dass dies dem Kin­des­wohl ent­spricht. Dadurch sol­len — so das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt — bei der gericht­li­chen Ein­zel­fall­ent­schei­dung die Belan­ge des Kin­des maß­geb­lich Berück­sich­ti­gung fin­den, die Zugangs­vor­aus­set­zun­gen zur gemein­sa­men Sor­ge jedoch nicht zu hoch ange­setzt werden.

- Ver­wei­gert die allein­sor­ge­be­rech­tig­te Mut­ter (bei nicht nur vor­über­ge­hen­dem Getrennt­le­ben der Eltern) die Zustim­mung zur Über­tra­gung der Allein­sor­ge auf den Vater, so bestand bis­her eben­falls kei­ne gericht­li­che Über­prü­fungs­mög­lich­keit. Auch für die­sen Fall hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt nun eine Über­gangs­re­ge­lung vor­ge­se­hen. Danach ist bei einem sol­chen Ver­fah­ren auf Über­tra­gung der Allein­sor­ge von der Mut­ter auf den Vater eines nicht­ehe­li­chen Kin­des zunächst zu prü­fen, ob nicht eine gemein­sa­me Sor­ge­tra­gung in Betracht kommt. Erst wenn dies nicht der Fall ist und wenn gleich­zei­tig zu erwar­ten ist, dass die Über­tra­gung der Allein­sor­ge auf den Vater — ganz oder zum Teil — dem Kin­des­wohl am bes­ten ent­spricht, ist sie vor­zu­neh­men. Die Fami­li­en­ge­rich­te über­tra­gen dann unab­hän­gig von der Zustim­mung der Mut­ter dem Vater die allei­ni­ge elter­li­che Sor­ge (oder einen Teil davon), weil eine gemein­sa­me elter­li­che Sor­ge nicht in Betracht kommt und zu erwar­ten ist, dass dies dem Kin­des­wohl am bes­ten entspricht. 

Weis­pfen­ning emp­fahl, dies zu beach­ten und in Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die auf Fami­li­en­recht spe­zia­li­sier­ten Anwäl­tin­nen und Anwäl­te in der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung  für Erb- und Fami­li­en­recht e. V —  www.dansef.de — verwies. 

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Mar­tin Weis­pfen­ning
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