(Stutt­gart) Der Bun­des­fi­nanz­hof hat soeben ent­schie­den, dass sich ein behin­der­tes Kind nicht schon allein des­halb selbst unter­hal­ten kann, weil es einer Erwerbs­tä­tig­keit nachgeht.

Dar­auf ver­weist der Kie­ler Steu­er­be­ra­ter Jörg Pas­sau, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. (DANSEF) mit Sitz in Stutt­gart unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH) vom 6.06.2012 zu sei­nem Urteil vom 15. März 2012 — III R 29/09.

Das seit sei­ner Geburt gehör­lo­se Kind der Klä­ge­rin besuch­te zunächst eine Gehör­lo­sen­schu­le und erlern­te anschlie­ßend in einem Bil­dungs­werk für Hör- und Sprach­ge­schä­dig­te den Beruf der Bei­kö­chin. Bei­kö­che arbei­ten nach Anlei­tung und unter Auf­sicht erfah­re­ner Köche. Sie wer­den übli­cher­wei­se in Groß­kü­chen von Kran­ken­häu­sern, Alten­hei­men und ähn­li­chen Ein­rich­tun­gen tätig. Das Kind war nach Abschluss sei­ner Aus­bil­dung zunächst als Köchin tätig. Nach einer Pha­se der Arbeits­lo­sig­keit fand es dann eine Anstel­lung als Küchen­hil­fe in einer Flei­sche­rei. Trotz der jewei­li­gen Erwerbs­tä­tig­keit war es nicht in der Lage, mit den hier­aus erziel­ten Ein­künf­ten sei­nen gesam­ten Lebens­be­darf zu decken.

Die steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung eines behin­der­ten Kin­des setzt nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes vor­aus, dass das Kind wegen sei­ner Behin­de­rung außer­stan­de ist, sich selbst zu unter­hal­ten. Das Finanz­ge­richt (FG) ent­schied, dass der Klä­ge­rin danach kein Kin­der­geld zuste­he. Da ihr Kind einer Erwerbs­tä­tig­keit nach­ge­he, sei es in der Lage, selbst für sei­nen Lebens­un­ter­halt zu sor­gen. Dass der Ver­dienst des Kin­des nicht aus­rei­che, um den gesam­ten Lebens­be­darf zu decken, lie­ge nicht an der Behin­de­rung, son­dern an den gerin­gen Löh­nen, die im Beruf der Bei­kö­chin gezahlt würden.

Der BFH folg­te die­ser Betrach­tungs­wei­se nicht, so Passau.

Sei­nes Erach­tens ist pri­mär die Fra­ge zu stel­len, war­um ein Kind, das arbei­tet, von sei­ner Hän­de Arbeit den­noch nicht leben kann. Das kann auf unter­schied­lichs­ten Grün­den beru­hen. So kann das all­ge­mei­ne Lohn­ni­veau so nied­rig lie­gen, dass auch ein nicht behin­der­ter Mensch nicht in der Lage wäre, mit einer Voll­zeit­tä­tig­keit sei­nen Lebens­un­ter­halt zu decken (z.B. pre­kä­res Arbeits­ver­hält­nis). In die­sem Fall könn­te das Kind steu­er­lich nicht berück­sich­tigt wer­den, weil nicht die Behin­de­rung, son­dern die schlech­te Arbeits­markt­si­tua­ti­on ursäch­lich dafür ist, dass das Geld zum Leben nicht reicht. Es kann aber auch so sein, dass das Kind von vorn­her­ein in Fol­ge sei­ner Behin­de­rung in der Berufs­wahl der­ma­ßen ein­ge­schränkt ist, dass ihm nur eine behin­de­rungs­spe­zi­fi­sche Aus­bil­dung mit spä­te­ren ungüns­ti­gen Beschäf­ti­gungs­mög­lich­kei­ten offen­steht. Wenn man wegen sei­ner Behin­de­rung über­haupt nur im Nied­rig­lohn­sek­tor eine bezahl­te Arbeit fin­det, dann ist die Behin­de­rung die eigent­li­che Ursa­che für die Unfä­hig­keit, sich selbst zu unter­hal­ten. Nichts ande­res gilt, so der BFH wei­ter, wenn das Kind wegen sei­ner Behin­de­rung in sei­ner Leis­tungs­fä­hig­keit der­art ein­ge­schränkt ist, dass es von vorn­her­ein nur einer Teil­zeit­be­schäf­ti­gung auf dem all­ge­mei­nen Arbeits­markt nach­ge­hen kann. Wel­che Ursa­che letzt­end­lich für die Unfä­hig­keit des Kin­des, sich selbst zu unter­hal­ten, ver­ant­wort­lich ist, hat das FG als Tat­sa­chen­ge­richt fest­zu­stel­len. Der BFH hat daher die Rechts­sa­che an das FG zurückverwiesen. 

Pas­sau emp­fahl, dies zu beach­ten und ggfs. recht­li­chen und/oder steu­er­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auf die DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung  für Erb- und Fami­li­en­recht e. V —  www.dansef.de — verwies.

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