(Stutt­gart) Der Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat soeben ent­schie­den, dass die Neu­re­ge­lung zur Anrech­nung des Kin­der­gel­des auf den Kin­des­un­ter­halt bei der Ermitt­lung des nach­ran­gi­gen Ehe­gat­ten­un­ter­halts nicht ver­fas­sungs­wid­rig ist.

 

Dar­auf ver­weist der Nürn­ber­ger Fach­an­walt für Fami­li­en­recht Mar­tin Weis­pfen­ning, Vize­prä­si­dent und Geschäfts­füh­rer „Fami­li­en­recht” der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis die Mit­tei­lung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (BVerfG) vom 10. August 2011 zum Beschluss vom 14. Juli 2011 — 1 BvR 932/10. 

Der ein min­der­jäh­ri­ges Kind betreu­en­de Eltern­teil erfüllt sei­ne Unter­halts­pflicht in der Regel durch die Pfle­ge und Erzie­hung des Kin­des  (Betreu­ungs­un­ter­halt); der ande­re Eltern­teil ist zur Zah­lung von  Bar­un­ter­halt ver­pflich­tet. Das Kin­der­geld steht grund­sätz­lich bei­den Eltern­tei­len zu glei­chen Tei­len zu, wird jedoch zur ver­wal­tungs­tech­ni­schen Erleich­te­rung nur einem Eltern­teil, regel­mä­ßig dem betreu­en­den, ausgezahlt. 

Nach der bis zum 31. Dezem­ber 2007 gel­ten­den Rechts­la­ge wur­de das dem betreu­en­den Eltern­teil aus­ge­zahl­te Kin­der­geld mit dem Bar­un­ter­halt ver­rech­net. Schul­de­te der bar­un­ter­halts­pflich­ti­ge Eltern­teil neben dem Kin­des­un­ter­halt auch Ehe­gat­ten­un­ter­halt, wur­de bei des­sen Berech­nung der Kin­des­un­ter­halt in Höhe des ent­spre­chen­den Betra­ges nach der sog. Düs­sel­dor­fer Tabel­le (sog. Tabel­len­be­trag) abge­zo­gen. Die­se Berech­nungs­me­tho­de führ­te dazu, dass dem Bar­un­ter­halts­pflich­ti­gen sein Kin­der­geld­an­teil grund­sätz­lich unver­min­dert für eige­ne Zwe­cke verblieb. 

Nach der am 1. Janu­ar 2008 in Kraft getre­te­nen Reform des Unter­halts­rechts ori­en­tiert sich der dyna­mi­sche Kin­des­un­ter­halt nicht mehr an der Regel­be­trags­ver­ord­nung, son­dern an einem im Gesetz fest­ge­schrie­be­nen Min­dest­un­ter­halt, der sich in Anpas­sung an die Vor­schrif­ten des Steu­er­rechts nach dem dop­pel­ten Frei­be­trag für das Exis­tenz­mi­ni­mum eines Kin­des rich­tet. Das Kin­der­geld ist nach der Neu­re­ge­lung des § 1612b BGB zur Deckung des Bar­be­darfs des Kin­des zu ver­wen­den und zwar zur Hälf­te, wenn ein Eltern­teil sei­ne Unter­halts­pflicht durch Betreu­ung des Kin­des erfüllt, in allen ande­ren Fäl­len in vol­ler Höhe. 

Der Bun­des­ge­richts­hof geht seit der Unter­halts­re­form davon aus, dass das Kin­der­geld nicht mehr — wie nach der frü­he­ren Rechts­la­ge — Ein­kom­men der Eltern, son­dern Ein­kom­men des Kin­des dar­stellt und daher vom Ein­kom­men des Unter­halts­pflich­ti­gen vor der Ermitt­lung geschul­de­ten Ehe­gat­ten­un­ter­halts nicht mehr der Tabel­len­be­trag, son­dern nur der Zahl­be­trag an Kin­des­un­ter­halt abzu­zie­hen ist. 

Der Beschwer­de­füh­rer ist sowohl sei­ner Toch­ter als auch sei­ner geschie­de­nen Ehe­frau, bei der das gemein­sa­me Kind lebt, zu Unter­halt ver­pflich­tet. In Anwen­dung der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs ermit­tel­te das Ober­lan­des­ge­richt den nach­ran­gi­gen Unter­halt der geschie­de­nen Ehe­frau unter Vor­weg­ab­zug des Zahl­be­tra­ges an Kin­des­un­ter­halt vom Ein­kom­men des Beschwerdeführers. 

Der Beschwer­de­füh­rer sieht dar­in eine Ver­let­zung des aus dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz (Art. 3 Abs. 1 GG) fol­gen­den Gleich­be­hand­lungs­ge­bots von Bar- und Betreu­ungs­un­ter­halt. Wäh­rend er auf­grund des Abzugs ledig­lich des Zahl­be­tra­ges sei­nen Kin­der­geld­an­teil letzt­lich zur Zah­lung des Ehe­gat­ten­un­ter­halts ver­wen­den müs­se, blei­be sei­ner geschie­de­nen Ehe­frau der auf sie ent­fal­len­de Kin­der­geld­an­teil erhalten. 

Die 2. Kam­mer des Ers­ten Senats des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts hat die Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men, da die Annah­me­vor­aus­set­zun­gen nicht vor­lie­gen. Die Neu­re­ge­lung der Kin­der­geld­an­rech­nung sowie die aus ihr fol­gen­de Berech­nung nach­ran­gig geschul­de­ten Ehe­gat­ten­un­ter­halts ver­sto­ßen nicht gegen den all­ge­mei­nen Gleichheitssatz. 

Der Ent­schei­dung lie­gen im Wesent­li­chen fol­gen­de Erwä­gun­gen zugrun­de: 

Es stellt kei­ne Ver­let­zung des Gebots der Gleich­be­hand­lung von Bar- und Betreu­ungs­un­ter­halt dar, dass das Ober­lan­des­ge­richt das Kin­der­geld bereits auf den Unter­halts­be­darf der Toch­ter des Beschwer­de­füh­rers ange­rech­net und dem­zu­fol­ge bei der Ermitt­lung des nach­ran­gi­gen Ehe­gat­ten­un­ter­halts von des­sen Ein­kom­men nicht den Tabel­len­be­trag, son­dern ledig­lich den Zahl­be­trag an Kin­des­un­ter­halt abge­setzt hat. 

Der Gesetz­ge­ber hat im Zuge der Unter­halts­rechts­re­form einen Sys­tem­wech­sel bei der Zuwei­sung des Kin­der­gel­des voll­zo­gen, das nun nicht mehr den Eltern, son­dern den Kin­dern selbst als deren eige­nes Ein­kom­men fami­li­en­recht­lich bin­dend und unab­hän­gig vom Außen­ver­hält­nis zwi­schen dem Bezugs­be­rech­tig­ten und der Fami­li­en­kas­se zuge­wie­sen ist. Die­se neue Zuwei­sung des Kin­der­gel­des ergibt sich aus dem Wort­laut des § 1612b BGB n.F., wonach die­ses zur Deckung des Bar­be­darfs des Kin­des zu ver­wen­den ist, und ent­spricht im Übri­gen dem Wil­len des Gesetz­ge­bers. Aus den Geset­zes­ma­te­ria­li­en ergibt sich des Wei­te­ren, dass zur Ermitt­lung des nach­ran­gi­gen Ehe­gat­ten­un­ter­halts vom Ein­kom­men des Unter­halts­pflich­ti­gen infol­ge die­ser geän­der­ten Zuwei­sung nun­mehr ledig­lich der Zahl­be­trag an Kin­des­un­ter­halt abge­zo­gen wer­den soll. 

Mit die­ser Ände­rung ist kei­ne Ungleich­be­hand­lung ver­bun­den. Die frü­he­re Bestim­mung des Kin­der­gel­des, nach der es den Eltern für deren eige­ne Zwe­cke zugu­te kam, ist ent­fal­len. Der Gesetz­ge­ber hat anläss­lich der Unter­halts­rechts­re­form bei­de Eltern­tei­le, unab­hän­gig davon, ob sie Bar- oder Betreu­ungs­un­ter­halt leis­ten, ver­pflich­tet, den auf sie ent­fal­len­den Kin­der­geld­an­teil aus­schließ­lich für den Unter­halt des Kin­des zu ver­wen­den. Nicht nur der Bar­un­ter­halts­pflich­ti­ge hat den auf den Bar­un­ter­halt ent­fal­len­den Kin­der­geld­an­teil voll­stän­dig für den Bar­un­ter­halt des Kin­des zu ver­wen­den mit der Fol­ge, dass von sei­nem unter­halts­recht­lich rele­van­ten Ein­kom­men nur der Zahl­be­trag an Kin­des­un­ter­halt abzu­set­zen ist. Auch der Betreu­ungs­un­ter­halts­pflich­ti­ge ist ver­pflich­tet, den auf ihn ent­fal­len­den Kin­der­geld­an­teil voll­stän­dig für den Betreu­ungs­un­ter­halt des Kin­des zu ver­wen­den. Dabei kann in Anbe­tracht der Ori­en­tie­rung der Höhe des Kin­der­gel­des am Exis­tenz­mi­ni­mum des Kin­des davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass der Bezugs­be­rech­tig­te das Kin­der­geld auch tat­säch­lich für die Bedürf­nis­se sei­nes Kin­des verwendet.

Weis­pfen­ning emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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