(Stutt­gart) Auch wenn Ehe­gat­ten in einem gemein­schaft­li­chen Tes­ta­ment bestim­men, dass ein Ver­mö­gens­ge­gen­stand nach dem Tode des Letzt­versterben­den einem bestimm­ten Emp­fän­ger zuste­hen soll, kann der über­le­ben­de Ehe­gat­te über die­sen Gegen­stand zu Leb­zei­ten ver­fü­gen und ihn an einen Drit­ten verschenken. 

Der tes­ta­men­ta­risch Bedach­te, kann den Gegen­stand nach dem Tode des letzt­versterben­den Ehe­gat­ten vom beschenk­ten Drit­ten nur unter beson­de­ren Vor­aus­set­zun­gen her­aus verlangen.

Dar­auf ver­weist der Stutt­gar­ter Fach­an­walt für Erbrecht Henn, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e.V., mit dem Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Hamm vom 11.02.2014 zu sei­nem Urteil vom 09.01.2014 (10 U 10/13).

Die in den Jah­ren 1920 und 1929 gebo­re­nen Ehe­leu­te waren Eigen­tü­mer eines in Essen-Bochold gele­ge­nen Dop­pel­haus­grund­stücks und Eltern zwei­er im Jah­re 1951 und 1953 gebo­re­ner Töch­ter. Im Jah­re 1990 über­tru­gen sie der älte­ren Toch­ter eine Haus­hälf­te und leg­ten in einem gemein­schaft­li­chen Tes­ta­ment fest, dass die ande­re, noch von ihnen bewohn­te Haus­hälf­te nach dem Tode des Letzt­versterben­den ihrer jün­ge­ren Toch­ter, der eben­falls in Essen leben­den Klä­ge­rin, zuste­hen soll­te. Der Ehe­mann ver­starb im Jah­re 1990 und wur­de von der über­le­ben­den Ehe­frau allein beerbt. Die­se wie­der­um über­trug im Jah­re 1993 — nach einem Zer­würf­nis mit ihrer jün­ge­ren Toch­ter (der Klä­ge­rin) — die von ihr wei­ter­hin bewohn­te Haus­hälf­te ohne Gegen­leis­tung ihrem Enkel, einem im Jah­re 1969 gebo­re­nen Sohn ihrer älte­ren Toch­ter. Sie begrün­de­te die Über­tra­gung mit tät­li­chen Angrif­fen der Toch­ter auf sie und erklär­te, dass sie ihr auch das Pflicht­teils­recht entziehe.

Nach dem Tode der Ehe­frau im Jah­re 2009 hat die Klä­ge­rin den Sohn ihrer Schwes­ter auf Über­tra­gung und Her­aus­ga­be der Haus­hälf­te ver­klagt. Ihr Begeh­ren hat sie damit begrün­det, ihre Mut­ter habe die Haus­hälf­te ihrem Enkel schenk­wei­se und in der Absicht über­tra­gen, das bei ihrem Tode der Klä­ge­rin zuste­hen­de Recht auf die Haus­hälf­te zu beeinträchtigen.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Erfolg. Der 10. Zivil­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Hamm hat kei­nen Anspruch der Klä­ge­rin gegen den Beklag­ten auf Über­tra­gung des Grund­be­sit­zes und Her­aus­ga­be der Haus­hälf­te fest­stel­len kön­nen, so Henn.

Zwar gebe es gesetz­li­che Vor­schrif­ten, nach denen die von einem Erb­las­ser zu sei­nen Leb­zei­ten (wirk­sam) beschenk­te Per­son ihr Geschenk nach dem Ein­tritt des Erb­falls an den spä­te­ren Ver­trags­er­ben bzw. den in dem gemein­schaft­li­chen Tes­ta­ment bestimm­ten Schluss­erben oder an den Ver­mächt­nis­neh­mer her­aus­zu­ge­ben habe, wenn der Erb­las­ser die Schen­kung in der Absicht vor­ge­nom­men hat­te, den spä­te­ren Erben oder Ver­mächt­nis­neh­mer zu beein­träch­ti­gen. Die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Ansprü­che sei­en aber im vor­lie­gen­den Fall nicht feststellbar.

Infol­ge des im Jah­re 1990 errich­te­ten gemein­schaft­li­chen Tes­ta­ments sei die Klä­ge­rin nicht Ver­trags­er­bin, son­dern nur Ver­mächt­nis­neh­me­rin gewor­den. Als Ver­mächt­nis habe ihr die in Fra­ge ste­hen­de Haus­hälf­te zuge­wandt wer­den sol­len. Das erge­be eine Aus­le­gung des Tes­ta­ments ihrer Eltern.

Als Ver­mächt­nis­neh­me­rin ste­he der Klä­ge­rin kein Her­aus­ga­be­an­spruch gegen ihren Nef­fen zu. Ein sol­cher set­ze vor­aus, dass die Klä­ge­rin zunächst die Erben ihrer Mut­ter ver­geb­lich auf einen Aus­gleich in Anspruch genom­men habe. Nach dem Vor­trag der Klä­ge­rin sei­en sie und ihre Schwes­ter die Erben ihrer Mut­ter. Dass sie von ihrer dann vor­ran­gig haf­ten­den Schwes­ter Wert­er­satz ver­langt habe, tra­ge sie bereits nicht kon­kret vor.

Des­we­gen brau­che nicht abschlie­ßend ent­schie­den zu wer­den, ob die Mut­ter bei der Über­tra­gung des Haus­grund­stücks auf den Enkel an das im Jah­re 1990 ver­füg­te Ver­mächt­nis gebun­den war, weil die tes­ta­men­ta­ri­sche Ver­mächt­nis­an­ord­nung in einem Wech­sel­be­zug zu ihrer Ein­set­zung als Allein­er­bin des Ehe­man­nes gestan­den hat. Nur in die­sem Fall hät­te sich über­haupt ein Anspruch der Klä­ge­rin gegen den Nef­fen ergeben.

Henn riet, das zu beach­ten und in Zwei­fels­fäl­len recht­li­chen Rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die Anwälte/ — innen in der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., — www.dansef.de — verwies.

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