(Stutt­gart) Kin­des­un­ter­halt ist bei der Zurech­nung eines fik­ti­ven Ein­kom­mens im Regel­fall nach einem fik­ti­ven Voll­erwerbs­ein­kom­men und nicht nach einem fik­ti­ven Neben­er­werbs­ein­kom­men neben einem Sozi­al­leis­tungs­be­zug zu berechnen. 

Das gilt auch dann, wenn der Unter­halts­schuld­ner nach der Berech­nung mit einem Voll­erwerbs­ein­kom­men nicht leis­tungs­fä­hig ist, wäh­rend er nach der Berech­nung mit einem Neben­er­werbs­ein­kom­men auf­grund des nied­ri­ge­ren Selbst­be­halts Unter­halt zah­len müsste.

Das, so der Auricher Fach­an­walt für Fami­li­en­recht Cas­par Blu­men­berg, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die ent­spre­chen­de Mit­tei­lung des Gerichts vom 12.02.2014, hat der 3. Senat für Fami­li­en­sa­chen des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Hamm mit einem am 06.01.2014 erlas­se­nen Beschluss (Az. 3 UF 192/13) unter Abän­de­rung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung des Amts­ge­richts — Fami­li­en­ge­richts — Her­ne entschieden.

Die Betei­lig­ten, in Bochum und Her­ne getrennt leben­de Ehe­leu­te tami­li­scher Her­kunft, strei­ten über die Ver­pflich­tung des Kin­des­va­ters zur Zah­lung von monat­lich ca. 950 Euro Unter­halt für die drei bei der Mut­ter leben­den min­der­jäh­ri­gen Kin­der im Alter von 15, 13 und 11 Jah­ren. Der Vater bezieht Arbeits­lo­sen­geld-II-Leis­tun­gen in Höhe von ca. 775 Euro monat­lich. Nach der Auf­ga­be einer selb­stän­di­gen Tätig­keit im Gas­tro­no­mie­ge­wer­be im Jah­re 2012 hät­te er als unge­lern­ter Hilfs­koch tätig wer­den kön­nen, ohne die­se Tätig­keit in der Fol­ge­zeit auszuüben. 

Im Unter­schied zum Fami­li­en­ge­richt Her­ne hat der 3. Senat für Fami­li­en­sa­chen des Ober­lan­des­ge­richts Hamm die für einen Unter­halts­an­spruch der Kin­der not­wen­di­ge Leis­tungs­fä­hig­keit des Vaters nicht fest­stel­len kön­nen. Der Vater sei zwar in der Lage, einer voll­schich­ti­gen abhän­gi­gen Beschäf­ti­gung nach­zu­ge­hen und habe nicht aus­rei­chend dar­ge­legt, dass er die­se Tätig­keit aus gesund­heit­li­chen Grün­den oder trotz aus­rei­chen­der Bemü­hun­gen um einen Arbeits­platz nicht habe aus­üben kön­nen. Für die Beur­tei­lung sei­ner Leis­tungs­fä­hig­keit sei ihm daher ein fik­ti­ves Voll­erwerbs­ein­kom­men zuzu­rech­nen. Dies betra­ge bei einem Hilfs­koch in Nord­rhein-West­fa­len monat­lich durch­schnitt­lich 1.387 Euro brut­to. Von die­sem Ein­kom­men sei­en Steu­ern, Sozi­al­ver­si­che­rungs­ab­ga­ben und berufs­be­ding­te Auf­wen­dun­gen in einer Höhe abzu­zie­hen, dass ein Net­to­be­trag ver­blei­be, der unter dem monat­li­chen Selbst­be­halt eines Voll­erwerbs­tä­ti­gen von 1.000 Euro lie­ge. Hier­nach sei der Vater nicht leis­tungs­fä­hig und schul­de kei­nen Unterhalt.

Rech­ne­risch las­se sich zwar eine Leis­tungs­fä­hig­keit gerin­gen Umfangs begrün­den, wenn man von den monat­li­chen Sozi­al­ge­setz­buch-II-Leis­tun­gen und einem dazu fik­tiv erziel­ten, teil­wei­se anrech­nungs­frei blei­ben­den monat­li­chen Neben­ein­kom­men aus­ge­he. Die­ses ergä­be ein fik­ti­ves Ein­kom­men von ca. 940 Euro, dem ein Selbst­be­halt eines teil­wei­se Erwerbs­tä­ti­gen von 850–900 Euro gegen­über­ste­he. Die Dif­fe­renz ver­blei­be rech­ne­risch als eine Leis­tungs­fä­hig­keit gerin­gen Umfangs zum Kindesunterhalt.

Aus der gesetz­li­chen Rege­lung des Sozi­al­ge­setz­bu­ches II fol­ge aber, dass es nur bei einem bereits titu­lier­ten Unter­halts­an­spruch auf das aus Sozi­al­leis­tun­gen und einem Neben­ein­kom­men bestehen­de Ein­kom­men mit dem gerin­ge­ren Selbst­be­halt des die Sozi­al­leis­tun­gen bezie­hen­den Unter­halts­schuld­ners ankom­me. Gebe es — wie im vor­lie­gen­den Fall — noch kei­nen Unter­halts­ti­tel, sol­le es dem Unter­halts­gläu­bi­ger hin­ge­gen nach dem sozi­al­po­li­ti­schen Sinn und Zweck des Geset­zes nicht ermög­licht wer­den, Kin­des­un­ter­halt auf der Grund­la­ge eines Ver­bleibs des Unter­halts­schuld­ners im Bezug von Sozi­al­leis­tun­gen und eines anrech­nungs­frei­en Teils fik­ti­ver Neben­ein­künf­te erst­mals titu­lie­ren zu las­sen. Die Leis­tungs­fä­hig­keit des Kin­des­va­ters als Unter­halts­schuld­ner sei daher nach einem fik­ti­ven Voll­erwerbs­ein­kom­men zu beurteilen.

Blu­men­berg emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

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