BFH, Beschluss vom 28.03.2019, AZ XII ZB 408/18

Aus­ga­be: 03/2019Fami­li­en­recht

a) Eine Kin­des­wohl­ge­fähr­dung im Sin­ne des § 1666 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn eine gegen­wär­ti­ge, in einem sol­chen Maß vor­han­de­ne Gefahr fest­ge­stellt wird, dass bei der wei­te­ren Ent­wick­lung der Din­ge eine erheb­li­che Schä­di­gung des geis­ti­gen oder leib­li­chen Wohls des Kin­des mit hin­rei­chen­der Wahr­schein­lich­keit zu erwar­ten ist. An die Wahr­schein­lich­keit des Scha­dens­ein­tritts sind dabei umso gerin­ge­re Anfor­de­run­gen zu stel­len, je schwe­rer der dro­hen­de Scha­den wiegt (im Anschluss an Senats­be­schluss BGHZ 213, 107 = FamRZ 2017, 212).
b) Die Annah­me einer hin­rei­chen­den Wahr­schein­lich­keit muss auf kon­kre­ten Ver­dachts­mo­men­ten beru­hen. Eine nur abs­trak­te Gefähr­dung genügt nicht (im Anschluss an Senats­be­schluss BGHZ 213, 107 = FamRZ 2017, 212).
c) Bei der Prü­fung der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit einer gericht­li­chen Maß­nah­me nach § 1666 BGB ist auch das Ver­hält­nis zwi­schen der Schwe­re des Ein­griffs in die elter­li­che Sor­ge und dem Grad der Wahr­schein­lich­keit eines Scha­dens­ein­tritts für das Kind zu beach­ten. Die –auch teil­wei­se – Ent­zie­hung der elter­li­chen Sor­ge ist daher nur bei einer erhöh­ten Wahr­schein­lich­keit des Scha­dens­ein­tritts, näm­lich ziem­li­cher Sicher­heit, ver­hält­nis­mä­ßig (im Anschluss an Senats­be­schluss BGHZ 213, 107 = FamRZ 2017, 212).
d) Die Dif­fe­ren­zie­rung der Wahr­schein­lich­keits­gra­de auf der Tat­be­stands­ebe­ne und der Rechts­fol­gen­sei­te ist gebo­ten, um dem Staat einer­seits ein – gege­be­nen­falls nur nie­der­schwel­li­ges – Ein­grei­fen zu ermög­li­chen, ande­rer­seits aber im Rah­men der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit eine Kor­rek­tur­mög­lich­keit zur Ver­hin­de­rung über­mä­ßi­ger Ein­grif­fe zur Ver­fü­gung zu stellen.

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