OLG Braunschweig, Beschluss vom 22.07.2022, AZ 1 UF 180/20

Ausgabe: 09-2022Familienrecht

1. Die elterliche Sorge ist ein einheitlicher, unteilbarer Verfahrensgegenstand, unabhängig davon, ob Maßnahmen nach § 1666 BGB oder nach § 1671 BGB zu prüfen sind.

2. Sieht ein Kind sich wiederholt veranlasst, einem Elternteil gegen-über unwahre Angaben zu machen, kann dies ein Anzeichen für die Bedienung einer elterlichen Erwartungshaltung sein; die ungeprüfte Übernahme auch unplausibler Angaben weist auf eine Einschränkung der elterlichen Feinfühligkeit hin.

3. Beruht die Verweigerung des Umgangs mit dem anderen Elternteil durch das Kind auf der Bindungsintoleranz des betreuenden Elternteils, spricht dies zumindest bei Vorliegen weiterer Bedenken gegen dessen Erziehungsfähigkeit für einen Wechsel des Lebensmittelpunktes.

4. Ob die im Verfahren entstandenen Gutachtenkosten außergewöhnlich und überraschend hoch sind, so dass im Rahmen der Ermessensentscheidung des § 81 Abs. 1 FamFG das Absehen von der Kostenerhebung in Betracht kommt, hängt von der Schwierigkeit der Sache und dem erforderlichen Aufwand der Begutachtung ab. Jedenfalls in hochstreitigen Sorgerechtsverfahren mit mehreren Terminen zur Er-läuterung des Gutachtens können Gutachterkosten zwischen 10.000 € und 20.000 € erwartbar sein.

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