(Stutt­gart) Die Erb­ein­set­zung eines Ver­eins, der in die­sel­be hier­ar­chi­sche katho­li­sche Orga­ni­sa­ti­on wie die Pfle­ge­ein­rich­tung der Erb­las­se­rin ohne Begrün­dung eines Über- und Unter­ord­nungs­ver­hält­nis ein­ge­bun­den ist, kann wirk­sam sein. 

Die Begüns­ti­gung des juris­tisch von der Pfle­ge­ein­rich­tung unab­hän­gi­gen Ver­eins beinhal­tet weder unmit­tel­bar noch mit­tel­bar einen Ver­stoß gegen die Ver­bots­nor­men des Hes­si­schen Heim- und Pflegegesetzes.

Mit die­ser Begrün­dung hat das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt am Main (OLG) die Beschwer­de des Soh­nes der Erb­las­se­rin gegen die beab­sich­tig­te Erb­schein­ser­tei­lung an den Ver­ein zurückgewiesen.

Dar­auf ver­weist der Stutt­gar­ter Fach­an­walt für Erbrecht Micha­el Henn, Vize­prä­si­dent der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des OLG Frank­furt am Main vom 6.01.2923 zu sei­nem Beschluss vom 8.12.2022, 20 W 301/18.

Die Erb­las­se­rin war ver­wit­wet und hat­te ein Kind. Sie leb­te zuletzt in einer katho­li­schen Alten­pfle­ge­ein­rich­tung in Wies­ba­den. Zum Allein­er­ben setz­te sie einen ein­ge­tra­ge­nen Ver­ein einer katho­li­schen Ein­rich­tung ein. Die Betrei­be­rin der Alten­pfle­ge­ein­rich­tung ist kor­po­ra­ti­ves Mit­glied die­ses Ver­ei­nes und hat sich u.a. hin­sicht­lich der Bestel­lung des Geschäfts­füh­rers der Zustim­mung des Bischofs von Lim­burg unter­stellt. Ihr Sohn erhielt ein Ver­mächt­nis in Höhe des Pflichtteils.

Der ein­ge­setz­te Tes­ta­ments­voll­stre­cker bean­trag­te beim Nach­lass­ge­richt die Ertei­lung eines Erb­scheins zuguns­ten des Ver­eins. Der Sohn hat das Tes­ta­ment ange­foch­ten und eben­falls einen Erb­schein zu sei­nen Guns­ten beantragt.

Das Nach­lass­ge­richt beab­sich­tigt, dem Ver­ein einen Erb­schein zu ertei­len. Hier­ge­gen rich­tet sich die Beschwer­de des Soh­nes. Die­se hat­te vor dem OLG kei­nen Erfolg.

Der Ver­ein sei wirk­sam zum Allein­er­ben ein­ge­setzt wor­den, bestä­tig­te das OLG die Auf­fas­sung des Nach­lass­ge­richts. Das Tes­ta­ment ver­sto­ße nicht gegen eine Ver­bots­norm des Hes­si­schen Heim- und Pfle­ge­ge­set­zes. Dem­nach ist es Betrei­bern von Pfle­ge­ein­rich­tun­gen u.a. unter­sagt, sich für die Zur­ver­fü­gung­stel­lung eines Plat­zes oder die Erbrin­gung von Pfle­ge­leis­tun­gen zusätz­li­che Zah­lun­gen ver­spre­chen zu las­sen (§ 6 HSBP). Mit der Rege­lung sol­le u.a. der Heim­frie­de geschützt wer­den; sie sol­le eine unter­schied­li­che Behand­lung der Bewoh­ner als Fol­ge finan­zi­el­ler Zusatz­leis­tun­gen oder ‑ver­spre­chen ver­hin­dern. Die Rege­lung die­ne zudem dem Schutz der Tes­tier­frei­heit und sol­le das Aus­nut­zen der Hilf- oder Arg­lo­sig­keit ver­hin­dern. Die Erb­ein­set­zung berüh­re die­se Zwe­cke hier nicht. Die Erb­las­se­rin habe mit dem Ver­ein eine von der Betrei­be­rin der Alten­pfle­ge­ein­rich­tung ver­schie­de­ne juris­ti­sche Per­son als Erbe ein­ge­setzt. Soweit die Erb­las­se­rin den Wunsch geäu­ßert haben soll, in einer katho­li­schen Ein­rich­tung betreut zu wer­den, die mög­li­cher­wei­se in der Trä­ger­schaft des begüns­tig­ten Ver­eins stün­de, erfül­le dies nicht die Ver­bots­norm. Ein nicht näher kon­kre­ti­sier­ter Wunsch sei nicht geeig­net, Druck auf den Betrei­ber einer Ein­rich­tung aus­zu­üben. Die nach dem Wil­len der Erb­las­se­rin aus Mit­teln der Treu­hand­stif­tung zu finan­zie­ren­den Leis­tun­gen stell­ten sich nicht als sol­che im Sin­ne der Ver­bots­norm dar.

Die Erb­ein­set­zung stel­le auch kei­ne unzu­läs­si­ge Umge­hung der Ver­bots­norm dar. Die Erb­ein­set­zung stel­le sich weder indi­rekt noch mit­tel­bar als Zuwen­dung an die Betrei­be­rin der Alten­pfle­ge­ein­rich­tung dar, in wel­cher die Erb­las­se­rin zuletzt gelebt hat­te. Durch die Auf­la­ge zur Ver­wen­dung ihres Ver­mö­gens in einer Treu­hand­stif­tung habe die Erb­las­se­rin eine Bestim­mung getrof­fen, die gera­de kei­ne Zuwen­dung an die Betrei­be­rin der Pfle­ge­ein­rich­tung bewir­ke. Es bestehe kein tat­säch­li­cher oder recht­li­cher Ein­fluss des Ver­eins auf die­se Ein­rich­tung. Allein der Umstand, dass die Betrei­be­rin der Ein­rich­tung kor­po­ra­ti­ves Mit­glied des Ver­eins sei, füh­re nicht dazu, dass die Ein­rich­tung auch am zuge­wen­de­ten Ver­mö­gen partizipiere.

Die gewähl­te tes­ta­men­ta­ri­sche Gestal­tung dien­te zwar offen­sicht­lich dazu, einen Ver­stoß gegen die Vor­schrif­ten des HSBP zu ver­mei­den. Die Gestal­tung berüh­re aber nicht die Schutz­zwe­cke des HSBP und sei damit von der Tes­tier­frei­heit gedeckt.

Da der Ver­ein kei­ne der Ver­wal­tung kirch­li­cher Orga­ne unter­ste­hen­de Ein­rich­tung sei, sei das kano­ni­sche Recht auf den Ver­ein nicht anwend­bar. Damit bedür­fe die Annah­me der Erb­schaft durch den Ver­ein auch nicht der Geneh­mi­gung durch den Bischof nach dem Kirchenvermögensverwaltungsgesetz.

Die Ent­schei­dung ist nicht rechts­kräf­tig. Der Senat hat die Rechts­be­schwer­de zum BGH wegen grund­sätz­li­cher Bedeu­tung zugelassen.

Henn emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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