OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.12.2019, AZ 14 U 99/17

Ausgabe: 12-2019Erbrecht

1) Besteht die Amtspflichtverletzung des Notars darin, dass er entgegen § 24 BeurkG keine Verständigungsperson beigezogen hat und das Testament deshalb formunwirksam ist, muss der nach dem Testament Begünstigte für einen Schadensersatzanspruch im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität gemäß § 287 ZPO nachweisen, dass er ohne die Pflichtverletzung Erbe geworden wäre. Dies beinhaltet den Nachweis, dass eine Verständigungsperson zur Verfügung gestanden hätte, dass ein pflichtgemäß handelnder Notar mit dieser ein Testament errichtet hätte, in dem der Begünstigte als Erbe eingesetzt worden wäre und dass die sonst in Frage kommenden Erben dieses Testament nicht erfolgreich angegriffen hätten. Soweit es dabei um die Testierunfähigkeit geht, muss der Notar oder sein Dienstherr eine solche nachweisen.
2) Auch bei einem Testament mit einem einfachen Inhalt – wie z.B. die Einsetzung eines Alleinerben – muss der Erblasser in der Lage sein, den Inhalt des Testaments von sich aus zu bestimmen und seinen Willen auszudrücken. Der Erblasser muss nach eigenem Urteil und frei von Einflüssen interessierter Dritter handeln können. Zur Testierfähigkeit reicht eine nur allgemeine Vorstellung von der Tatsache der Errichtung eines Testaments und von dessen Inhalt nicht aus. Der Erblasser muss eine konkrete Vorstellung seines letzten Willens haben und in der Lage sein, sich über die Tragweite seiner Anordnung und ihre Auswirkungen auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen ein klares Urteil zu bilden. Der Erblasser muss sich an Sachverhalte erinnern können, er muss Informationen aufnehmen, Zusammenhänge erfassen und Abwägungen vornehmen können.