(Stutt­gart) Die Ver­jäh­rungs­frist für Pflicht­teils­an­sprü­che kann auch zu lau­fen begin­nen, wenn über die Wirk­sam­keit eines Tes­ta­men­tes noch gestrit­ten wird.

Dar­auf ver­weist der Stutt­gar­ter Fach­an­walt für Erbrecht Micha­el Henn, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e.V., mit dem Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf eine Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Mün­chen vom 22.11.2021, Az. 33 U 2768/21.

In dem ent­schie­de­nen Fall hat­ten die Par­tei­en jah­re­lang über die Wirk­sam­keit eines Tes­ta­men­tes gestrit­ten, nach­dem das Nach­lass­ge­richt in ers­ter Instanz bereits 2016 fest­ge­stellt hat­te, dass das Tes­ta­ment wirk­sam sei. Erst als nach jah­re­lan­gem Streit in 2019 rechts­kräf­tig fest­ge­stellt wur­de, dass das Tes­ta­ment wirk­sam war, mach­ten die ent­erb­ten Kin­der im Jahr 2020 Pflicht­teils­an­sprü­che geltend.

Aber nach Ansicht des OLG Mün­chen war dies 2020 zu spät und die Ansprü­che verjährt.

Grund­sätz­lich beginnt die Ver­jäh­rung von Pflicht­teils­an­sprü­chen nach § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jah­res, in dem der Anspruch ent­stan­den ist und die ent­erb­ten Pflicht­teils­be­rech­tig­ten von der Enter­bung und der Per­son des Schuld­ners Kennt­nis erlan­gen oder ohne gro­be Fahr­läs­sig­keit erlan­gen müss­ten. Bei Pflicht­teils­be­rech­tig­ten liegt dies nach Ansicht des OLG vor, wenn der Pflicht­teils­be­rech­tig­te kumu­la­tiv Kennt­nis vom Erb­fall, von der ihn beein­träch­ti­gen letzt­wil­li­gen Ver­fü­gung und von dem Schuld­ner, also dem Erben erlangt hat oder ohne gro­be Fahr­läs­sig­keit hät­te erlan­gen können.

Kennt­nis der beein­träch­tig­ten letzt­wil­li­gen Ver­fü­gung set­ze vor­aus, dass der Pflicht­teils­be­rech­ti­ge den wesent­li­chen Inhalt der beein­träch­tig­ten Ver­fü­gung erkannt hat. Die erfor­der­li­che Kennt­nis kön­ne jedoch feh­len, wenn der Berech­tig­te infol­ge Tat­sa­chen- oder Rech­tirr­tums davon aus­ge­he, dass die ihm bekann­te Ver­fü­gung unwirk­sam sei und daher kei­ne beein­träch­ti­gen­de Wir­kung ent­fal­te. Dies gelt jeden­falls dann, wenn die Unwirk­sam­keit nicht von vorn­her­ein von der Hand zu wei­sen seien.

Es müs­se des­halb nach Ansicht des OLG Mün­chen immer im Ein­zel­fall geprüft wer­den, wann eine hin­rei­chen­de Kennt­nis vor­ge­le­gen habe.

Im vor­lie­gen­den Fall hat­ten die Pflicht­teils­be­rech­tig­ten hin­rei­chend Kennt­nis­se durch den Beschluss des Nach­lass­ge­rich­tes im Jahr 2016 erlangt. Die Pflicht­teils­be­rech­tig­ten hät­ten sich dann nicht auf einen Irr­tum über die Wirk­sam­keit des Tes­ta­men­tes beru­fen kön­nen, denn sämt­li­che nach dem Beschluss des Nach­lass­ge­rich­tes noch vor­ge­brach­ten Wirk­sam­keits­be­den­ken sei­en von vorn­her­ein von der Hand zu wei­sen und damit für die Kennt­nis im Sin­ne von § 199 BGB ohne Bedeu­tung gewesen.

Trotz des auch nach dem Jahr 2016 fort­ge­führ­ten Streits über die Wirk­sam­keit des Tes­ta­men­tes hat des­halb nach Ansicht des OLG Mün­chen die Ver­jäh­rungs­frist zu lau­fen begon­nen, und als die Pflicht­teils­be­rech­tig­ten dann im Jahr 2020 Pflicht­teils­an­sprü­che gel­tend mach­ten, war bereits Ver­jäh­rung eingetreten.

Pflicht­teils­be­rech­tig­te dür­fen sich also nicht dar­auf ver­las­sen, dass die Ver­jäh­rungs­frist für ihre Pflicht­teils­an­sprü­che nicht zu lau­fen beginnt, solan­ge noch über die Wirk­sam­keit eines Tes­ta­men­tes oder eines Erb­ver­tra­ges gestrit­ten wird.

Fach­an­walt für Erbrecht Henn aus Stutt­gart weist dar­auf­hin, dass Pflicht­teils­be­rech­tig­te stets den sichers­ten Weg wäh­len soll­ten und des­halb davon aus­ge­hen soll­ten, dass die Ver­jäh­rungs­frist mit Ablauf des Jah­res zu lau­fen beginnt, in dem sie Kennt­nis von den ent­er­ben­den Ver­fü­gun­gen und den Erben erlangt haben.

Henn emp­fiehlt dies zu beach­ten und zur Abwehr und Gel­tend­ma­chung von Pflicht­teils­an­sprü­chen anwalt­li­che Unter­stüt­zung in Anspruch zu neh­men und ver­weist inso­weit auf die DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., — www.dansef.de

 

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