(Stutt­gart) Das Bun­des­so­zi­al­ge­richt hat am 23. März 2010 ent­schie­den, dass Eltern als Erben mit dem Nach­lass für recht­mä­ßig an ihr con­ter­gan­ge­schä­dig­tes Kind erbrach­te Sozial­hilfeleistungen haften. 

Dar­auf ver­weist der Stutt­gar­ter Fach­an­walt für Erbrecht Micha­el Henn, Vize­prä­si­dent und geschäfts­füh­ren­des Vor­stands­mit­glied der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. (DANSEF) mit Sitz in Stutt­gart unter Hin­weis auf das Urteil des Bun­des­so­zi­al­ge­richts (BSG)  vom 23. März 2010, Az.: B 8 SO 2/09 R. 

Die Klä­ger sind Eltern einer 1961 gebo­re­nen und im Febru­ar 2003 ver­stor­be­nen Frau, die auf Grund der Ein­nah­me des Medi­ka­ments Con­ter­gan durch die Klä­ge­rin zu 2 wäh­rend der Schwanger­schaft von Geburt an schwerst­be­hin­dert war. Sie hat­te von der Stif­tung “Hilfs­werk für behin­der­te Kin­der” eine ein­ma­li­ge Kapi­ta­lent­schä­di­gung in Höhe von 25.000 DM und eine monat­li­che Ren­te in Höhe von zu­letzt 1.024 DM bzw dem ent­spre­chen­den Euro-Betrag erhal­ten. Seit Janu­ar 1997 leis­te­te der beklag­te Sozi­al­hil­fe­trä­ger Sozi­al­hil­fe in Form der Hil­fe zur Pfle­ge in einem Heim, wobei die Leis­tun­gen der Stif­tung auf Grund gesetz­li­cher Rege­lung weder als Ein­kom­men noch als Ver­mö­gen berück­sich­tigt wur­den. Nach dem Tod der Toch­ter mach­te der Sozi­al­hil­fe­trä­ger gegen­über den Klä­gern, den Erben, einen Ersatz­anspruch in Höhe von jeweils über 28.000 Euro wegen der erbrach­ten Sozialhilfe­leistun­gen gel­tend, weil der Nach­lass­wert nach den eige­nen Anga­ben der Klä­ger über 63.000 Euro betra­ge, von dem aller­dings noch die Bestat­tungs­kos­ten von fast 5.000 Euro abzu­zie­hen sei­en. Die Kla­gen blie­ben erst- und zweit­in­stanz­lich erfolglos.

Mit sei­ner Ent­schei­dung vom 23. März 2010 hat der 8. Senat des Bun­des­so­zi­al­ge­richts die Urtei­le des Lan­des­so­zi­al­ge­richts auf­ge­ho­ben und die Sache nur des­halb zur erneu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­so­zi­al­ge­richt zurück­ver­wie­sen, weil nicht mit hin­rei­chender Sicher­heit ent­schie­den wer­den konn­te, ob die von den Klä­gern als Erben gel­tend ge­machten Ersatz­ansprüche von jeweils über 28.000 Euro auf recht­mä­ßi­gen Sozi­al­hil­fe­leis­tun­gen be­ruhten, so Henn.

Dies mag zwar im Hin­blick auf den Gesamt­zeit­raum der Leis­tungs­er­brin­gung und die Art der Leis­tun­gen wahr­scheinlich sein, ent­bin­det jedoch weder den Beklag­ten noch die Instanz­ge­rich­te von der genau­en Über­prü­fung deren Recht­mä­ßig­keit. Ent­ge­gen der Ansicht der Klä­ger bestehen an­sonsten aber kei­ne Zwei­fel an der for­mel­len und mate­ri­el­len Recht­mä­ßig­keit der ergan­ge­nen Be­scheide des Beklag­ten. Ins­be­son­de­re kön­nen sich die Klä­ger nicht dar­auf beru­fen, dass Ver­mö­gen, das bei ihrer Toch­ter auf Grund des Geset­zes über die Errich­tung einer Stif­tung “Hilfs­werk für be­hinderte Kin­der” (StiftG) we­gen deren Con­ter­gan­schä­di­gung nicht bei der Gewäh­rung von Sozial­hilfeleistungen berück­sich­tigt wer­den durf­te, auch bei den Erben nicht ange­grif­fen wer­den darf. Eine ent­spre­chen­de Rege­lung ent­hält weder die­ses Gesetz noch das Bun­des­so­zi­al­hil­fe­ge­setz (BSHG; seit 1.1.2005 SGB XII). Die von den Klä­gern gel­tend gemach­ten psy­chi­schen Belas­tun­gen recht­fertigen nicht die Annah­me einer beson­de­ren Här­te im Sin­ne des § 92c Abs 3 Nr 3 BSHG. Eine beson­de­re Här­te erfor­dert eine aty­pische, vom Regel­fall abwei­chen­de Lebens­la­ge, die vor­lie­gend nicht erkenn­bar ist. Das StiftG sieht Leis­tun­gen an Eltern nur in Form von Bei­hil­fen zu den Auf­wen­dun­gen vor, die im Zusam­men­hang mit dem durch das StifG gere­gel­ten Scha­dens­fall ste­hen; die Leis­tun­gen nach dem StiftG, die Ersatzan­sprüche gegen den Pro­duk­t­her­stel­ler aus­schlie­ßen, glei­chen mit­hin nur beim durch das Medi­ka­ment selbst Geschä­dig­ten auch ideel­le Schä­den aus. Die­se gesetz­li­che Wer­tung bestimmt die Aus­le­gung der Här­te­fall­re­ge­lung. Recht­lich uner­heb­lich ist, ob die Ver­stor­be­ne den Klä­gern das Erbe schon vor ihrem Tod per Schen­kung hät­te zukom­men las­sen kön­nen, ohne dass der Beklag­te dar­auf irgend­wann hät­te zugrei­fen können.

Henn emp­fahl, das Urteil zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat in Anspruch zu neh­men und ver­wies dabei u. a. auch auf die DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de

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