(Nürn­berg) Nach der Schei­dung ist der betreu­en­de Eltern­teil des gemein­sa­men acht­jäh­ri­gen Kin­des auch nach neu­em Unter­halts­recht nicht ver­pflich­tet, das Kind — abwei­chend von der wäh­rend der Ehe prak­ti­zier­ten Kin­des­be­treu­ung — ganz­tä­gig in eine Fremd­be­treu­ung zu geben, um selbst einer voll­schich­ti­gen Erwerbs­tä­tig­keit nach­ge­hen zu kön­nen und sei­nen Unter­halts­be­darf selbst zu decken.

Dies, so der Nürn­ber­ger Fach­an­walt für Fami­li­en­recht Mar­tin Weis­pfen­ning, Geschäfts­füh­rer der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung  für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. (DANSEF) mit Sitz in Nürn­berg,  sei der Tenor eines soeben ver­öf­fent­lich­ten Urteils des Kam­mer­ge­richts Ber­lin vom 08.01.2009, Az.16 UF 149/08. In dem aus­ge­ur­teil­ten Fall ist die Antrag­stel­le­rin als Rechts­an­walts- und Notar­ge­hil­fin erwerbs­tä­tig, der Antrags­geg­ner arbei­tet als Schlos­ser bei den Ber­li­ner Ver­kehrs­be­trie­ben. Das Fami­li­en­ge­richt hat­te die am 9.9.1999 geschlos­se­ne Ehe der Par­tei­en durch das ange­foch­te­ne Ver­bund­ur­teil vom 22.7.08 geschie­den, das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht für den fast acht­jäh­ri­gen Sohn der Antrag­stel­le­rin über­tra­gen und den Antrags­geg­ner zu einem nach­ehe­li­chen Unter­halt in Höhe von 241,74 EUR monat­lich, auf­ge­teilt in 193,20 EUR Ele­men­tar- und 48,54 EUR Alters­vor­sor­ge­un­ter­halt, verurteilt.

Das gemein­sa­me Kind der Par­tei­en ist am 10.9.2000 gebo­ren und besucht bis 15.00 Uhr den Hort. Das Amts­ge­richt war der Ansicht, dass der Antrag­stel­le­rin im Hin­blick auf das betreu­ungs­be­dürf­ti­ge Kind eine Voll­zeit­tä­tig­keit nicht zumut­bar sei. Auf ande­re Betreu­ungs­mög­lich­kei­ten durch die Groß­el­tern sei nicht abzu­stel­len, da es sich um frei­wil­li­ge Leis­tun­gen Drit­ter han­de­le, die unter­halts­recht­lich nicht rele­vant sei­en. Auch die mög­li­che Aus­wei­tung der Betreu­ung durch den Antrag­stel­ler selbst sei nicht maß­ge­bend, weil ein Wech­sel­mo­dell ange­sichts der erheb­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­ble­me zwi­schen den Eltern dem Kin­des­wohl wider­sprä­che. Eine Her­ab­set­zung oder Begren­zung des nach­ehe­li­chen Unter­halts hat das Amts­ge­richt abge­lehnt, weil unter Berück­sich­ti­gung des der­zei­ti­gen Alters des Kin­des nicht pro­gnos­ti­ziert wer­den kön­ne, ob ein zeit­lich unbe­grenz­ter Unter­halt unbil­lig wäre. Eine kon­kre­te zeit­li­che Begren­zung sei in § 1570 BGB auch nicht vorgesehen.

Gegen die­ses Urteil wen­det sich der Antrags­geg­ner mit der Beru­fung. Er begehrt die Abwei­sung des Antrags auf nach­ehe­li­chen Unter­halt und ver­tritt die Ansicht, die Antrag­stel­le­rin kön­ne ihre Erwerbs­tä­tig­keit aus­wei­ten. Die Betreu­ung des Kin­des sei kein Hin­de­rungs­grund, denn R. kön­ne täg­lich bis 18.00 Uhr im Hort betreut wer­den. Er behaup­tet, das sei sogar güns­tig für das Kind, weil ihm dort eine ergän­zen­de Haus­auf­ga­ben­be­treu­ung und zahl­rei­che Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten gebo­ten wer­den, die er ger­ne wahr­neh­me. Soweit die Antrag­stel­le­rin behaup­te, sie kön­ne bei ihrem der­zei­ti­gen Arbeit­ge­ber ihre Arbeits­zei­ten gar nicht aus­wei­ten, sei das nicht glaub­haft. Denn sie sei dort lang­jäh­rig tätig, der Arbeit­ge­ber wer­de sich ange­sichts einer der­art erfah­re­nen Kraft auf die Aus­wei­tung eher ein­las­sen, wenn sie es ernst­haft for­dern wür­de. Außer­dem oblie­ge es ihr, not­falls den Arbeit­ge­ber zu wech­seln. Vor die­sem Hin­ter­grund ent­spre­che es nicht der Bil­lig­keit, dass sie wei­ter­hin Betreu­ungs­un­ter­halt erhalte.

Mit die­ser Auf­fas­sung, so Weis­pfen­ning, konn­te sich der geschie­de­ne Ehe­mann jedoch auch vor dem Kam­mer­ge­richt Ber­lin nicht durch­set­zen, das die Beru­fung abwies. Zutref­fend habe das Amts­ge­richt der Antrag­stel­le­rin einen Betreu­ungs­un­ter­halts­an­spruch nach § 1570 BGB zuer­kannt. Von die­ser kön­ne nicht erwar­tet wer­den, dass sie ihren acht­jäh­ri­gen Sohn ganz­tä­gig in eine Fremd­be­treu­ung gibt. Kei­ne der Geset­zes­grund­la­gen für die Neu­fas­sung des Unter­halts­rechts seit dem 01.01.2008 deu­te auch nur an, dass es eine Ver­pflich­tung der Eltern gebe, ihr Kind von 8.00 Uhr mor­gens bis 18.00 Uhr abends durch drit­te Per­so­nen betreu­en zu las­sen. Im Hin­blick auf Art. 6 Abs.1 bis 3 GG, in deren Lich­te die Neu­fas­sung des Unter­halts­rechts zu betrach­ten sei, wäre das auch höchst bedenk­lich. Wenn die Antrag­stel­le­rin bis 18.00 Uhr arbei­ten müs­se, hät­te das zur Fol­ge, dass das Kind, das nicht nur eine intak­te Fami­li­en­be­zie­hung ver­lo­ren hat, auch weit­ge­hend auf die müt­ter­li­che Zuwen­dung ver­zich­ten müs­se, wenn die­se, wie sie nach­voll­zieh­bar dar­legt, erst um 18.45 Uhr nach Hau­se kom­men kann, wobei es nicht ent­schei­dend auf 30 min mehr oder weni­ger ankom­me. Das Wohl des Kin­des wäre damit unmit­tel­bar nach­tei­lig berührt.

Auch eine Befris­tung des Unter­halts­an­spruchs habe das Amts­ge­richt mit zutref­fen­der Begrün­dung abge­lehnt. R. sei erst acht Jah­re alt. In wel­cher Wei­se er sich in der Schu­le ent­wi­ckeln wer­de, wann und auf wel­che wei­ter­füh­ren­de Schu­le er wech­seln wird und wann even­tu­ell puber­tär beding­te Schwie­rig­kei­ten begin­nen wer­den, kön­ne jetzt nicht pro­gnos­ti­ziert wer­den. Je nach Ent­wick­lung redu­zie­re oder erhö­he sich der Betreu­ungs­auf­wand der Mut­ter. Ange­sichts der Unmög­lich­keit einer zuver­läs­si­gen Pro­gno­se sei der Antrags­geg­ner zu gege­be­ner Zeit auf § 323 ZPO zu verweisen.

Der Senat hat die Revi­si­on zuge­las­sen, da dies zur Fort­bil­dung des Rechts hin­sicht­lich der Aus­le­gung des § 1570 BGB und der Fra­ge der Befris­tung des Betreu­ungs­un­ter­halts nach §1578 b Abs.2 BGB erfor­der­lich erscheint.

*Bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­te Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter fin­den Sie unter www.dansef.de

Für Rück­fra­gen steht Ihnen zur Verfügung:

Mar­tin Weis­pfen­ning
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Fami­li­en­recht
DANSEF — Geschäfts­füh­rer
c/o Dr. Scholz & Weis­pfen­ning
Königstor­gra­ben 3
90402 Nürn­berg
Tel.: 0911 — 244 370
Fax: 0911 — 244 3799
Email: info@dansef.de
www.dansef.de

 

 

#1Nach der Scheidung: Unterhalt bis zum Tod?31.05.2023
#2Schrecken vieler Erben: Der Pflichtteilsanspruch22.05.2023
#3Vergütungsansprüche einer Hochzeits-Fotografin nach corona-pandemiebedingter Verlegung eines Hochzeitstermins02.05.2023
#4Mit der Scheidung geht’s ins Armenhaus!18.04.2023
#5Veräußerung eines Einfamilienhauses nach Ehescheidung14.04.2023
#6Erbrecht und Testamentserrichtung in „LGBTQ – Zeiten“25.03.2023
#7Pflichtteilsstrafklauseln setzen Mittelabfluss voraus14.03.2023
#8Rückgängigmachung eines Grundstücksübertragungsvertrags mit Pflegevereinbarung wegen heilloser Zerrüttung03.03.2023
#9Scheidung: Was geschieht denn mit dem Familienhund??03.03.2023
#10Keine Erbschaftsteuer bei Erwerb durch ausländisches Vermächtnis03.03.2023
#11Wenn ein Elternteil sterbenskrank im Krankenhaus liegt – die Tücken eines Nottestaments18.02.2023
#12Ein Testamentserbe trägt das Risiko, dass das Testament unwirksam war - Auch guter Glaube schützt nicht davor, das Erbe herausgeben zu müssen30.01.2023
#13Keine generelle Unzulässigkeit einer Teilungsversteigerung vor der Scheidung24.01.2023
#14Ärger, Stress und Streit in einer Erbengemeinschaft22.01.2023
#15Pflegegeld kann nicht gepfändet werden19.01.2023
#16Widerruf einer Grundstücksschenkung wegen groben Undanks14.01.2023
#17OLG Frankfurt am Main: Kein Verstoß gegen Heim- und Pflegegesetz bei Erbeinsetzung eines von der katholischen Pflegeeinrichtung unabhängigen katholischen Vereins12.01.2023
#18Auskunftsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten nach Erbausschlagung05.01.2023
#19Scheidung: Gericht verhängt Bußgeld weil ein Elternteil die Kinder nicht sehen will04.01.2023
#2015 – Jährige darf gegen den Willen ihrer Mutter gegen Covid-19 geimpft werden12.12.2022
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 
26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38