(Stutt­gart) Die Anwen­dung des gemäß Art. 22 Abs. 1 EuErbVO gewähl­ten eng­li­schen Erb­rechts ver­stößt jeden­falls dann gegen den deut­schen ord­re public im Sin­ne von Art. 35 EuErbVO, wenn sie dazu führt, dass bei einem Sach­ver­halt mit hinreichend
star­kem Inlands­be­zug kein bedarfs­un­ab­hän­gi­ger Pflicht­teils­an­spruch eines Kin­des besteht.

Das, so der Stutt­gar­ter Fach­an­walt für Erbrecht Micha­el Henn, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e.V., mit dem Sitz in Stutt­gart, ist die Kern­aus­sa­ge eines soeben ver­öf­fent­lich­ten Urteils des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) vom 29. Juni 2022 — IV ZR 110/21.

In dem Fall war der 1936 gebo­re­ne Erb­las­ser bri­ti­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger. Er leb­te seit sei­nem 29. Lebens­jahr in Deutsch­land, wo er auch sei­nen letz­ten Wohn­sitz hat­te. Mit nota­ri­ell beur­kun­de­tem Kin­des­an­nah­me­ver­trag vom 30. Okto­ber 1975, den das Amts­ge­richt Köln bestä­tig­te, adop­tier­te der Erb­las­ser den am 9. Sep­tem­ber 1974 gebo­re­nen Kläger.

Der Ver­trag ent­hält unter ande­rem fol­gen­de Regelung:

Die Erb- und Pflicht­teils­rech­te für das Kind und des­sen künf­ti­ge Abkömm­lin­ge nach dem Erst­versterben­den der anneh­men­den Ehe­leu­te wer­den ausgeschlossen.”

Mit nota­ri­el­lem Tes­ta­ment vom 13. März 2015 setz­te der Erb­las­ser sei­ne Ehe­frau als Allein­er­bin ein und wider­rief alle zuvor von ihm errich­te­ten Ver­fü­gun­gen von Todes wegen. Für die Rechts­nach­fol­ge von Todes wegen wähl­te er das eng­li­sche Recht als Teil­recht sei­nes Hei­mat­staa­tes. Der Nach­lass besteht aus einer im Inland bele­ge­nen Immo­bi­lie sowie diver­sen wei­te­ren Gegen­stän­den. Der Klä­ger ist deut­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger und hat sei­nen gewöhn­li­chen Auf­ent­halt im Inland.

Der adop­tier­te Sohn ver­lang­te nach dem Tode des Erb­las­sers die Erstel­lung eines Nach­lass­ver­zeich­nis­ses um sei­nen Pflicht­teils­an­spruch berech­nen zu kön­nen, was die über­le­ben­de Ehe­frau des Erb­las­sers mit dem Hin­weis ver­wei­ger­te, dass der Erb­las­ser für sei­ne Erb­fol­ge eng­li­sches Recht bestimmt habe, wo einen Pflicht­teil wie im deut­schen Recht nicht gebe.

Der Bun­des­ge­richts­hof ent­schied nun in letz­ter Instanz, dass die Anwen­dung eng­li­schen Rechts jeden­falls im dem hier zur Ent­schei­dung ste­hen­den Fall mit dem deut­schen „ord­re public“ offen­sicht­lich unver­ein­bar ist (Art. 35 EuErbVO). Denn das eng­li­sche Recht ste­he zu der nach deut­schem Recht ver­fas­sungs­recht­lich ver­bürg­ten Nach­lass­ver­tei­lung in einem so schwer­wie­gen­den Wider­spruch, dass des­sen Anwen­dung im hie­si­gen Fall untrag­bar ist. Dies habe zur Fol­ge, dass es hier kei­ne Anwen­dung fin­det. Das Pflicht­teils­recht sei als Insti­tu­ti­ons­ga­ran­tie dem Bestand des deut­schen „ord­re public“ zuzurechnen.

Er emp­fahl, dies zu beach­ten sowie ggfs. recht­li­chen und steu­er­li­chen Rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies

 

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