(Stutt­gart) Der u.a. für Fami­li­en­recht zustän­di­ge XII. Zivil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat sich mit der Fra­ge befasst, wie ein zwi­schen sor­ge­be­rech­tig­ten Eltern in Bezug auf die Schutz­imp­fun­gen ihres Kin­des ent­stan­de­ner Streit bei­zu­le­gen ist.

Dar­auf ver­weist der Ham­mer Fach­an­walt für Fami­li­en­recht Cas­par Blu­men­berg, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die ent­spre­chen­de Mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) vom 23.05.2017 zu sei­nem Beschluss vom 3. Mai 2017 — XII ZB 157/16.

  • Sach­ver­halt:

Der Antrag­stel­ler und die Antrags­geg­ne­rin sind die gemein­sam sor­ge­be­rech­tig­ten nicht­ehe­li­chen Eltern ihrer im Juni 2012 gebo­re­nen Toch­ter. Die­se lebt bei der Mut­ter. Zwi­schen den Eltern besteht Unei­nig­keit über die Not­wen­dig­keit von Schutz­imp­fun­gen für ihre Toch­ter. Sie haben wech­sel­sei­tig die Allein­über­tra­gung der Gesund­heits­sor­ge bean­tragt. Der Vater befür­wor­tet die Durch­füh­rung der alters­ent­spre­chen­den Schutz­imp­fun­gen, die durch die Stän­di­ge Impf­kom­mis­si­on am Robert Koch-Insti­tut (STIKO) emp­foh­len wer­den. Die Mut­ter ist der Mei­nung, das Risi­ko von Impf­schä­den wie­ge schwe­rer als das all­ge­mei­ne Infek­ti­ons­ri­si­ko. Nur wenn ärzt­li­cher­seits Impf­schä­den mit Sicher­heit aus­ge­schlos­sen wer­den könn­ten, kön­ne sie eine anlass­un­ab­hän­gi­ge Imp­fung ihrer Toch­ter befürworten.

  • Bis­he­ri­ger Verfahrensverlauf:

Das Amts­ge­richt hat dem Vater das Ent­schei­dungs­recht über die Durch­füh­rung von Imp­fun­gen über­tra­gen. Auf die Beschwer­de der Mut­ter hat das Ober­lan­des­ge­richt es bei der Über­tra­gung der Ent­schei­dungs­be­fug­nis auf den Vater belas­sen, die­se aber auf Schutz­imp­fun­gen gegen Teta­nus, Diph­the­rie, Per­tus­sis, Pneu­mo­kok­ken, Rota­vi­ren, Menin­go­kok­ken C, Masern, Mumps und Röteln beschränkt.

  • Ent­schei­dung des Bundesgerichtshofs:

Die hier­ge­gen ein­ge­leg­te Rechts­be­schwer­de der Mut­ter ist ohne Erfolg geblie­ben. Nach § 1628 Satz 1 BGB kann das Fami­li­en­ge­richt, wenn sich die Eltern bei gemein­sa­mer elter­li­cher Sor­ge in einer ein­zel­nen Ange­le­gen­heit oder in einer bestimm­ten Art von Ange­le­gen­hei­ten, deren Rege­lung für das Kind von erheb­li­cher Bedeu­tung ist, nicht eini­gen kön­nen, auf Antrag eines Eltern­teils die Ent­schei­dung einem Eltern­teil über­tra­gen. Die Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz ist dem Eltern­teil zu über­tra­gen, des­sen Lösungs­vor­schlag dem Wohl des Kin­des bes­ser gerecht wird.

Die Durch­füh­rung von Schutz­imp­fun­gen stellt kei­ne all­täg­li­che Ange­le­gen­heit dar, wel­che nach § 1687 Abs. 1 BGB in die Ent­schei­dungs­be­fug­nis des Eltern­teils fie­le, bei dem sich das Kind auf­hält, son­dern eine Ange­le­gen­heit von erheb­li­cher Bedeu­tung für das Kind. Bei Imp­fun­gen han­delt es sich bereits nicht um Ent­schei­dun­gen, die als All­tags­an­ge­le­gen­hei­ten häu­fig vor­kom­men. Die Ent­schei­dung, ob das Kind wäh­rend der Min­der­jäh­rig­keit gegen eine bestimm­te Infek­ti­ons­krank­heit geimpft wer­den soll, fällt im Gegen­satz zu Ange­le­gen­hei­ten des täg­li­chen Lebens regel­mä­ßig nur ein­mal an. Sowohl das durch eine Imp­fung ver­meid­ba­re und mit mög­li­chen Kom­pli­ka­tio­nen ver­bun­de­ne Infek­ti­ons­ri­si­ko als auch das Risi­ko einer Impf­schä­di­gung bele­gen die erheb­li­che Bedeutung.

Das Ober­lan­des­ge­richt hat den Vater mit Recht als bes­ser geeig­net ange­se­hen, um über die Durch­füh­rung der auf­ge­zähl­ten Imp­fun­gen des Kin­des zu ent­schei­den. Es hat hier­für in zuläs­si­ger Wei­se dar­auf abge­stellt, dass der Vater sei­ne Hal­tung an den Emp­feh­lun­gen der STIKO ori­en­tiert. Die Impf­emp­feh­lun­gen der STIKO sind vom Bun­des­ge­richts­hof bereits als medi­zi­ni­scher Stan­dard aner­kannt wor­den. Da kei­ne ein­schlä­gi­gen Ein­zel­fall­um­stän­de wie etwa bei dem Kind bestehen­de beson­de­re Impf­ri­si­ken vor­lie­gen, konn­te das Ober­lan­des­ge­richt auf die Impf­emp­feh­lun­gen als vor­han­de­ne wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se zurück­grei­fen. Die von der Mut­ter erho­be­nen Vor­be­hal­te, die aus ihrer Befürch­tung einer “unheil­vol­len Lob­by­ar­beit von Phar­ma­in­dus­trie und der Ärz­te­schaft” resul­tie­ren, muss­te das Ober­lan­des­ge­richt dage­gen nicht zum Anlass für die Ein­ho­lung eines geson­der­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens über all­ge­mei­ne Impf­ri­si­ken nehmen.

Blu­men­berg emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

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