(Stutt­gart) Der Bun­des­ge­richts­hof hat­te die Fra­ge zu beant­wor­ten, wie lan­ge nach Rechts­kraft der Schei­dung ein Ehe­gat­te vom ande­ren die Über­las­sung der Ehe­woh­nung ver­lan­gen kann, wenn die­se im Allein­ei­gen­tum des ande­ren Ehe­gat­ten steht.

Dar­auf ver­weist die Frank­fur­ter Rechts­an­wäl­tin und Fach­an­wäl­tin für Fami­li­en­recht Hele­ne – Moni­ka Filiz, Vize­prä­si­den­tin der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) zu sei­nem Beschluss vom 10. März 2021 — XII ZB 243/20.

Die Betei­lig­ten bewohn­ten wäh­rend ihrer Ehe gemein­sam eine Woh­nung, die im Allein­ei­gen­tum des Antrag­stel­lers steht. Seit der Tren­nung im Jah­re 2014 und auch über die seit Dezem­ber 2015 rechts­kräf­ti­ge Schei­dung hin­aus nutzt die Antrags­geg­ne­rin die Woh­nung allein. Die Antrags­geg­ne­rin war ursprüng­lich Allein­ei­gen­tü­me­rin einer ande­ren, im sel­ben Haus gele­ge­nen Woh­nung, die sie im Jah­re 2016 unent­gelt­lich auf einen Sohn über­trug. Sie zahlt an den Antrag­stel­ler weder Mie­te oder Nut­zungs­ent­schä­di­gung noch trägt sie die ver­brauchs­ab­hän­gi­gen Kos­ten. Zah­lungs­auf­for­de­run­gen des Antrag­stel­lers sind eben­so erfolg­los geblie­ben wie sein Her­aus­ga­be­ver­lan­gen. Der Antrag­stel­ler hat beim Amts­ge­richt einen auf § 985 BGB gestütz­ten Räu­mungs- und Her­aus­ga­be­an­trag gestellt. Die­sem hat das Amts­ge­richt mit einer Räu­mungs­frist ent­spro­chen hat. Die Beschwer­de der Antrags­geg­ne­rin hat das Ober­lan­des­ge­richt zurückgewiesen.

Der Bun­des­ge­richts­hof hat die dage­gen von der Antrags­geg­ne­rin ein­ge­leg­te Rechts­be­schwer­de zurückgewiesen.

Zwar ist der aus dem Eigen­tum fol­gen­de Her­aus­ga­be­an­spruch eines Ehe­gat­ten auch nach Rechts­kraft der Schei­dung nicht durch­setz­bar, solan­ge der Anwen­dungs­be­reich des § 1568 a BGB und damit das Ehe­woh­nungs­ver­fah­ren eröff­net ist. Ob es sich (noch) um eine Ehe­woh­nung im Sin­ne des § 1568 a BGB han­delt, ist dabei nach der Situa­ti­on im Zeit­punkt der Rechts­kraft der Ehe­schei­dung zu beur­tei­len, so dass der Anwen­dungs­be­reich des § 1568 a BGB immer dann eröff­net ist, wenn es sich bei den Räu­men auch wäh­rend des Getrennt­le­bens in recht­li­cher Hin­sicht um die Ehe­woh­nung gehan­delt hat.

Die­se Sperr­wir­kung ist im Ergeb­nis aber durch § 1568 a Abs. 6 BGB zeit­lich begrenzt. Denn ein Jahr nach Rechts­kraft der Ehe­schei­dung erlö­schen nicht nur die Ansprü­che auf Ein­tritt in ein Miet­ver­hält­nis oder auf sei­ne Begrün­dung, son­dern auch die­je­ni­gen auf Über­las­sung der Ehe­woh­nung, wenn sie nicht vor­her rechts­hän­gig gemacht wor­den sind. Zwar trifft § 1568 a Abs. 6 BGB sei­nem Wort­laut nach kei­ne Rege­lung für die Ansprü­che des Ehe­gat­ten auf Über­las­sung der Ehe­woh­nung nach § 1568 a Abs. 1 und 2 BGB. Gleich­wohl führt das Erlö­schen der auf die Begrün­dung eines Miet­ver­hält­nis­ses bezo­ge­nen Ansprü­che aus § 1568 a Abs. 3 und 5 BGB nach Ablauf der Jah­res­frist in Anbe­tracht von Sinn und Zweck der Rege­lung und des sys­te­ma­ti­schen Gesamt­zu­sam­men­hangs dazu, dass dann auch der aus § 1568 a Abs. 1 oder 2 BGB fol­gen­de Über­las­sungs­an­spruch nicht mehr gel­tend gemacht wer­den kann. Die gesetz­li­che Rege­lung sieht im Inter­es­se der Rechts­klar­heit als Rechts­fol­ge aus­schließ­lich die Begrün­dung oder Fort­füh­rung eines Miet­ver­hält­nis­ses vor. Nach dem aus­drück­li­chen Wil­len des Gesetz­ge­bers soll­te auch in den Fäl­len, in denen der zur Über­las­sung ver­pflich­te­te Ehe­gat­te Allein­ei­gen­tü­mer der Ehe­woh­nung ist, der Abschluss eines Miet­ver­trags der Regel­fall sein. Ohne die Gel­tung der Jah­res­frist auch für den Über­las­sungs­an­spruch wäre dem ver­pflich­te­ten Eigen­tü­mer-Ehe­gat­ten aber die Mög­lich­keit genom­men, die vom Gesetz­ge­ber für erfor­der­lich gehal­te­ne Absi­che­rung die­ses Über­las­sungs­ver­hält­nis­ses mit­tels Miet­ver­trags durchzusetzen.

Für die­ses Aus­le­gungs­er­geb­nis strei­ten zudem Grün­de der Prak­ti­ka­bi­li­tät und Rechts­si­cher­heit sowie Sinn und Zweck der Bestim­mung, nicht miet­ver­trag­lich gere­gel­te Nut­zungs­ver­hält­nis­se nach Mög­lich­keit zu ver­mei­den. Belan­ge des Kin­des­wohls ste­hen dem nicht ent­ge­gen, weil der Zeit­raum von einem Jahr ab Rechts­kraft der Schei­dung jeden­falls aus­rei­chend ist, um eine Woh­nungs­über­las­sung zu bean­tra­gen. Schließ­lich trägt eine kla­re zeit­li­che Gren­ze dem Umstand Rech­nung, dass sich die Recht­fer­ti­gung des mit § 1568 a BGB ver­bun­de­nen Ein­griffs in das Eigen­tums­grund­recht des ande­ren Ehe­gat­ten aus der Funk­ti­on der Woh­nung als Lebens­mit­tel­punkt der Fami­lie ableitet.

Im vor­lie­gen­den Fall ist die Jah­res­frist längst abge­lau­fen, ohne dass die Antrags­geg­ne­rin Ansprü­che aus § 1568 a BGB gericht­lich gel­tend gemacht hat. Da ihr auch nicht aus ande­ren Grün­den, etwa einer sons­ti­gen Ver­ein­ba­rung zwi­schen den Betei­lig­ten, ein Recht zum Besitz an der Woh­nung zusteht, ist sie nach § 985 BGB zur Her­aus­ga­be der Woh­nung verpflichtet.

Filiz emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

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