(Stutt­gart) Der u.a. für das Fami­li­en­recht zustän­di­ge XII. Zivil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat ent­schie­den, dass eine mit ihrem Lebens­ge­fähr­ten weder ver­hei­ra­te­te noch in einer Lebens­part­ner­schaft leben­de Per­son des­sen Kind nicht anneh­men kann, ohne dass zugleich das Ver­wandt­schafts­ver­hält­nis zwi­schen ihrem Lebens­ge­fähr­ten und dem Kind erlischt.

Dar­auf ver­weist der Ham­mer Fach­an­walt für Fami­li­en­recht Cas­par Blu­men­berg, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die ent­spre­chen­de Mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) vom 6.03.2017 zu sei­nem Beschluss vom 08.02.2017 (XII ZB 586/15).

Die bei­den nicht mit­ein­an­der ver­hei­ra­te­ten Antrag­stel­ler begeh­ren die Adop­ti­on der min­der­jäh­ri­gen Kin­der J. und G. durch den Antrag­stel­ler mit der Maß­ga­be, dass die­se die Stel­lung gemein­schaft­li­cher Kin­der der bei­den Antrag­stel­ler erlan­gen. Die Antrag­stel­le­rin ist die leib­li­che Mut­ter der Anzu­neh­men­den; ihr leib­li­cher Vater ist 2006 ver­stor­ben. Der Antrag­stel­ler lebt seit 2007 mit der Kin­des­mut­ter in einer nicht­ehe­li­chen Lebens­ge­mein­schaft. Das Amts­ge­richt hat­te den Antrag zurück­ge­wie­sen. Die hier­ge­gen gerich­te­te Beschwer­de der Antrag­stel­ler war erfolg­los geblieben.

Der Bun­des­ge­richts­hof hat die Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richts bestä­tigt. Anders als bei der Stief­kind­ad­op­ti­on durch Ehe­gat­ten oder Lebens­part­ner hat der Gesetz­ge­ber für nicht ver­hei­ra­te­te Per­so­nen kei­ne ver­gleich­ba­re Rege­lung geschaf­fen. Des­halb kann eine nicht ver­hei­ra­te­te und nicht ver­part­ner­te Per­son ein Kind gemäß § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB nur allein anneh­men, so dass das Ver­wandt­schafts­ver­hält­nis des Kin­des zu ihrem Lebens­ge­fähr­ten gemäß § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB erlischt. Die­se ein­deu­ti­gen Rege­lun­gen las­sen kei­ne ande­re Aus­le­gung zu.

Der Bun­des­ge­richts­hof erach­tet die ent­spre­chen­den Rege­lun­gen nicht für ver­fas­sungs­wid­rig. Auf das Eltern­recht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG kann sich der Antrag­stel­ler nicht beru­fen, weil er ledig­lich sozia­ler, nicht aber recht­li­cher bzw. leib­li­cher Eltern­teil ist. Das Fami­li­en­grund­recht gemäß Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht ver­letzt, weil die­ses kei­nen Anspruch der Fami­li­en­mit­glie­der auf Adop­ti­on umfasst. Auch der all­ge­mei­ne Gleich­heits­satz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ver­letzt, weil der Gesetz­ge­ber die zu ver­glei­chen­den Sach­ver­hal­te (nicht ver­hei­ra­te­te Lebens­ge­fähr­ten einer­seits und Ehe­gat­ten oder Lebens­part­ner ande­rer­seits) unter­schied­lich behan­deln darf. Der von ihm erstreb­te Zweck, den anzu­neh­men­den Kin­dern eine sta­bi­le Eltern­be­zie­hung zu gewähr­leis­ten, ist legi­tim. Wenn der Gesetz­ge­ber hier­für maß­geb­lich auf eine recht­lich abge­si­cher­te Part­ner­schaft in Form einer Ehe bzw. einer ein­ge­tra­ge­nen Lebens­part­ner­schaft abstellt, liegt das noch in sei­nem gesetz­ge­be­ri­schen Ermessen.

Die hier im Streit ste­hen­den Adop­ti­ons­re­ge­lun­gen ver­let­zen die Antrag­stel­ler auch nicht in ihrem von Art. 8 EMRK geschütz­ten Recht auf Ach­tung des Fami­li­en­le­bens. Zwar erlaubt das im Jahr 2008 geän­der­te Euro­päi­sche Adop­ti­ons­über­ein­kom­men den Ver­trags­staa­ten, die Adop­ti­on eines Kin­des u.a. durch zwei Per­so­nen ver­schie­de­nen Geschlechts zuzu­las­sen, wenn die­se “in einer sta­bi­len Bezie­hung” leben. Dabei han­delt es sich jedoch ledig­lich um eine Öff­nungs­klau­sel, nicht aber bereits um eine (bin­den­de) Wert­ent­schei­dung. Eben­so wenig for­dert der Euro­päi­sche Gerichts­hof für Men­schen­rech­te es nicht ver­hei­ra­te­ten Lebens­ge­fähr­ten zu ermög­li­chen, durch Adop­ti­on die Stel­lung gemein­schaft­li­cher Eltern min­der­jäh­ri­ger Kin­der zu erlan­gen. Viel­mehr hat der Gerichts­hof bei der Adop­ti­on Min­der­jäh­ri­ger den Abbruch der Bezie­hung des Kin­des zu sei­nen leib­li­chen Eltern im Grund­satz aner­kannt. Eine Ver­let­zung von Art. 8 EMRK hat er dage­gen nur für den Aus­nah­me­fall der Adop­ti­on eines voll­jäh­ri­gen, aber behin­der­ten Kin­des durch den Lebens­ge­fähr­ten der Mut­ter mit Erlö­schen der ver­wandt­schaft­li­chen Bezie­hun­gen zur Mut­ter fest­ge­stellt. Dem­ge­gen­über geht es bei dem vom Bun­des­ge­richts­hof zu ent­schei­den­den Fall um min­der­jäh­ri­ge Kin­der, für die der deut­sche Gesetz­ge­ber im Inter­es­se des Kin­des­wohls eine Stief­kind­ad­op­ti­on wei­ter­hin an eine beson­ders gefes­tig­te Bezie­hung der Anneh­men­den in Form einer Ehe oder Lebens­part­ner­schaft geknüpft hat. Schließ­lich lässt das deut­sche Recht im Fal­le einer Voll­jäh­ri­gen­ad­op­ti­on gemäß § 1770 Abs. 2 BGB die ver­wandt­schaft­li­chen Bezie­hun­gen des Ange­nom­me­nen grund­sätz­lich unberührt.

Blu­men­berg emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

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