(Stutt­gart) Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat eine Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men, mit der sich eine Mut­ter und ihre mitt­ler­wei­le 16-jäh­ri­ge Toch­ter, bei der ein För­der­be­darf im För­der­schwer­punkt Ler­nen besteht, gegen fami­li­en­ge­richt­li­che Ent­schei­dun­gen gewandt haben, durch die der Mut­ter unter ande­rem das Recht zur Rege­lung schu­li­scher Belan­ge sowie der Gesund­heits­sor­ge für ihre Toch­ter ent­zo­gen wurde.

Dar­auf ver­weist die Frank­fur­ter Rechts­an­wäl­tin und Fach­an­wäl­tin für Fami­li­en­recht Hele­ne – Moni­ka Filiz, Vize­prä­si­den­tin der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 14. Okto­ber 2021 zu sei­nem Beschluss vom 14.09.2021 — 1 BvR 1525/20 -.

Die Beschwer­de­füh­re­rin­nen mach­ten vor allem eine Ver­let­zung von Grund­rech­ten aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in Ver­bin­dung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG sowie bei der Toch­ter ihres Grund­rechts aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG gel­tend. Sie stütz­ten sich zudem auf einen von ihnen in Art. 24 des Über­ein­kom­mens der Ver­ein­ten Natio­nen vom 13. Dezem­ber 2006 über die Rech­te von Men­schen mit Behin­de­run­gen (UN-Behin­der­ten­kon­ven­ti­on — BRK) ver­or­te­ten Anspruch der Toch­ter auf inklu­si­ve Beschulung.

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de, mit der das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt nicht über die Bedeu­tung von Art. 24 BRK für in Schul­aus­bil­dung befind­li­che Men­schen mit Behin­de­run­gen im inner­staat­li­chen Recht zu ent­schei­den hat­te, blieb erfolg­los. Die Begrün­dung der Ver­fas­sungs­be­schwer­de und die dazu vor­ge­leg­ten, eine voll­um­fäng­li­che Über­prü­fung der ange­grif­fe­nen fach­ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen nicht ermög­li­chen­den Unter­la­gen lie­ßen eine Ver­let­zung von Grund­rech­ten der Beschwer­de­füh­re­rin­nen nicht erkennen.

  • Sach­ver­halt:

Bei der beschwer­de­füh­ren­den Toch­ter wur­de erst­mals wäh­rend ihrer Grund­schul­zeit auf­grund ent­spre­chen­der Tes­tun­gen ein son­der­päd­ago­gi­scher För­der­be­darf im För­der­schwer­punkt Ler­nen fest­ge­stellt. Spä­te­re Ver­fah­ren zur Fest­stel­lung eines För­der­be­darfs gelang­ten zu dem glei­chen Ergeb­nis, wobei in den ver­schie­de­nen Test­ver­fah­ren ein IQ zwi­schen 63 und 74 ermit­telt wur­de. Gegen den Rat der Fach­kräf­te mel­de­te die Mut­ter ihre Toch­ter zunächst auf einem Gym­na­si­um an. Dort kam es jedoch nach kur­zer Zeit zu erheb­li­chen Kon­flik­ten, auf­grund derer die Toch­ter als Ord­nungs­maß­nah­me wegen Über­grif­fen auf Mit­schü­ler dau­er­haft von die­ser Schu­le aus­ge­schlos­sen wur­de. Anschlie­ßend besuch­te sie eine nach dem maß­geb­li­chen Lan­des­recht so bezeich­ne­te Real­schu­le Plus, an der sie täg­lich drei Stun­den beschult wur­de. Auch hier kam es zu erheb­li­chen Kon­flik­ten mit Leh­rern und Mitschülern.

Auf Initia­ti­ve des Jugend­am­tes wur­de ein Sor­ge­rechts­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet, in dem das Fami­li­en­ge­richt im Janu­ar 2020 der Mut­ter unter ande­rem das Recht zur Rege­lung schu­li­scher Belan­ge ihrer Toch­ter ent­zog. Die dage­gen gerich­te­te Beschwer­de der Mut­ter wies das Ober­lan­des­ge­richt zurück. Das Fami­li­en­ge­richt habe zu Recht ange­nom­men, dass das kör­per­li­che und see­li­sche Wohl der Toch­ter auf­grund eines Ver­sa­gens ihrer Mut­ter nach­hal­tig gefähr­det sei. Weni­ger ein­griffs­in­ten­si­ve Maß­nah­men als der Teil­ent­zug des Sor­ge­rechts sei­en nicht geeig­net, die Gefahr für das Kin­des­wohl abzu­wen­den. Die Mut­ter übe trotz ste­ti­ger gegen­tei­li­ger Rat­schlä­ge aller Fach­kräf­te einen der­art enor­men Leis­tungs­druck auf ihre Toch­ter aus, dass die­se per­ma­nent über­for­dert, trau­rig, ver­zwei­felt und ohne jeg­li­che Lebens­lust sei; sie habe bereits Sui­zid­ge­dan­ken geäu­ßert. Mit­un­ter kom­me es auch zu kör­per­li­chen Über­grif­fen der Mut­ter auf ihre Toch­ter. Bei schlech­ten Noten äuße­re die Toch­ter in der Schu­le Ängs­te vor ihrer Mut­ter, etwa vor Schimp­fen oder auch Schlä­gen. An der Lage der Toch­ter habe sich gegen­über der Situa­ti­on in einem bereits im Jahr 2018 geführ­ten einst­wei­li­gen Anord­nungs­ver­fah­rens zum Sor­ge­recht, nichts geän­dert. Die Mut­ter habe sich nach der lang­jäh­ri­gen Erfah­rung der betei­lig­ten Fach­kräf­te nicht bereit oder in der Lage gezeigt, eige­ne Vor­stel­lun­gen zu über­den­ken oder ande­re als die eige­ne Sicht­wei­se anzu­er­ken­nen. Die ange­bo­te­nen Hil­fe­stel­lun­gen habe die Mut­ter alle­samt abge­lehnt oder abgebrochen.

- Wesent­li­che Erwä­gun­gen der Kammer:

  1. Eine Ver­let­zung des Eltern­rechts (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) der Mut­ter ist anhand der Begrün­dung der Ver­fas­sungs­be­schwer­de und der dazu vor­ge­leg­ten Unter­la­gen nicht erkennbar.
  2. a) Jeden­falls nach dem zurück­ge­nom­me­nen ver­fas­sungs­recht­li­chen Maß­stab für die Prü­fung von Sor­ge­rechts­ent­schei­dun­gen ohne Tren­nung von Eltern und Kind las­sen die Begrün­dung der Ver­fas­sungs­be­schwer­de und die damit vor­ge­leg­ten Unter­la­gen nicht erken­nen, dass der teil­wei­se Ent­zug des Sor­ge­rechts der Mut­ter den mate­ri­el­len und ver­fah­rens­recht­li­chen Anfor­de­run­gen dar­an nicht gerecht wird.

Die Wür­di­gung des Ober­lan­des­ge­richts, dass auf­grund des von ihm fest­ge­stell­ten Sach­ver­halts die fach­recht­lich vor­aus­ge­setz­te Kin­des­wohl­ge­fähr­dung im Sin­ne von § 1666 Abs. 1 BGB vor­liegt, ist ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu bean­stan­den. Es lei­tet die­se Kin­des­wohl­ge­fähr­dung nicht aus vor­han­de­nen Ein­schrän­kun­gen der Toch­ter her. Viel­mehr sieht das Ober­lan­des­ge­richt die Ursa­chen dafür im Ver­hal­ten der Mut­ter, die ihrer Toch­ter die benö­tig­te Unter­stüt­zung und För­de­rung nicht zu teil wer­den las­se. Zudem set­ze sie ihre Toch­ter durch über­höh­te Erwar­tun­gen von Leis­tun­gen, die die­se nicht erbrin­gen kön­ne, unter einen per­ma­nen­ten Leis­tungs­druck, der eine dau­ern­de Belas­tung des Kin­des bewir­ke. Sie stel­le Anfor­de­run­gen an ihre Toch­ter, die die­se per­ma­nent über­for­der­ten. Sie erwar­te die Erbrin­gung schu­li­scher Leis­tun­gen, zu denen die Toch­ter auch mit Unter­stüt­zung nicht in der Lage sei. Trotz­dem übe die Mut­ter den Fest­stel­lun­gen nach abends stun­den­lang mit ihrer Toch­ter und reagie­re auf schlech­te Noten mit ver­ba­len und auch kör­per­li­chen Über­grif­fen. Die­se Belas­tung der Toch­ter fin­de in aggres­si­vem Ver­hal­ten in der Schu­le, Trau­rig­keit, Ver­zweif­lung und feh­len­der Lebens­lust bis hin zu Sui­zid­ge­dan­ken ihren Aus­druck. Es liegt inner­halb der den Fach­ge­rich­ten in tat­säch­li­cher und recht­li­cher Hin­sicht zuste­hen­den Wer­tung, das fest­ge­stell­te Ver­hal­ten der Mut­ter als einen außer­ge­wöhn­li­chen und aus erzie­he­ri­schen Gesichts­punk­ten nicht mehr ange­mes­se­nen Leis­tungs­druck ein­zu­ord­nen. Der aus den genann­ten Umstän­den gezo­ge­ne Schluss, dass durch die so ent­stan­de­ne Über­for­de­rung und die erheb­li­che emo­tio­na­le Belas­tung das Wohl der Toch­ter, ins­be­son­de­re ihre see­li­sche Gesund­heit, gefähr­det ist, ver­kennt weder die Bedeu­tung des Eltern­rechts noch den Umfang sei­nes Schutzbereichs.

  1. b) Die so begrün­de­te Annah­me einer Kin­des­wohl­ge­fähr­dung im Sin­ne von § 1666 Abs. 1 BGB ver­letzt das Recht der Mut­ter aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG selbst dann nicht, wenn bei der Bedeu­tung des Eltern­rechts und staat­li­chen Ein­grif­fen ein mög­li­cher indi­vi­du­el­ler Anspruch der Toch­ter auf eine inklu­si­ve Beschu­lung zu berück­sich­ti­gen wäre.

Ob ein sol­cher Anspruch nach Art. 24 BRK bestehen kann, bedarf kei­ner Ent­schei­dung. Jeden­falls kann aus Art. 24 BRK nicht der Schluss gezo­gen wer­den, das Fami­li­en­ge­richt dür­fe bei einer Sor­ge­rechts­ent­schei­dung nach § 1666 BGB schwe­re Belas­tun­gen des Kin­des mit Behin­de­rung unge­ach­tet der Umstän­de des Ein­zel­falls dann nicht berück­sich­ti­gen, wenn die­se Belas­tun­gen damit ver­bun­den sind, wie die Eltern die elter­li­che Sor­ge in Schul­an­ge­le­gen­hei­ten ihres Kin­des aus­üben und was sie von ihrem Kind und von der Schu­le im Rah­men inklu­si­ver Beschu­lung ver­lan­gen. Weder gebie­tet das Völ­ker­recht ein der­ar­ti­ges Ver­ständ­nis des Fami­li­en­rechts noch wäre es so mit Ver­fas­sungs­recht ver­ein­bar. Völ­ker­recht­lich wür­de damit Art. 7 Abs. 2 BRK nicht hin­rei­chend Rech­nung getra­gen, der bestimmt, dass bei allen Maß­nah­men, die Kin­der mit Behin­de­run­gen betref­fen, das Wohl des Kin­des ein Gesichts­punkt ist, der vor­ran­gig berück­sich­tigt wer­den muss. Ver­fas­sungs­recht­lich wäre eine an einer pau­scha­li­sie­ren­den Inter­pre­ta­ti­on von Art. 24 BRK ori­en­tier­te Aus­le­gung des ein­zel­fall­be­zo­gen anzu­wen­den­den § 1666 BGB mit dem Anspruch des Kin­des auf Schutz durch den Staat aus Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 in Ver­bin­dung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG im Fal­le einer kon­kre­ten Gefähr­dung sei­ner Gesund­heit oder Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung nicht vereinbar.

Dabei kommt es nicht dar­auf an, ob und inwie­weit allein auf­grund der Beson­der­hei­ten der Behin­de­rung eine die inklu­si­ve Beschu­lung aus­schlie­ßen­de Kin­des­wohl­ge­fähr­dung ange­nom­men wer­den kann. Vor­lie­gend resul­tiert nach der nicht zu bean­stan­den­den Beur­tei­lung des Ober­lan­des­ge­richts die Kin­des­wohl­ge­fähr­dung gera­de nicht vor­nehm­lich aus den Beein­träch­ti­gun­gen der Toch­ter, son­dern wesent­lich aus dem Ver­hal­ten der Mut­ter. Sie bewirkt im Ergeb­nis, dass not­wen­di­ge Unter­stüt­zun­gen und För­de­run­gen ihrer Toch­ter und ein erfor­der­li­cher ziel­dif­fe­ren­ter Unter­richt nicht erfol­gen, so dass die Toch­ter von der inklu­si­ven Beschu­lung im Ergeb­nis nicht pro­fi­tie­ren kann, weil die­se unter den im Aus­gangs­ver­fah­ren fest­ge­stell­ten Umstän­den für sie eine dau­ern­de Belas­tung darstellt.

  1. Es kann dahin­ste­hen, ob in dem Ent­zug von Tei­len des Sor­ge­rechts der Mut­ter mit­tel­bar eine Benach­tei­li­gung ihrer Toch­ter wegen einer Behin­de­rung (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) liegt. Selbst wenn die teil­wei­se Ent­zie­hung des Sor­ge­rechts des­halb stren­ge­ren Anfor­de­run­gen unter­lie­gen soll­te, könn­te ein Ver­fas­sungs­ver­stoß hier nicht fest­ge­stellt werden.
  2. a) Wäre für die Toch­ter eine Benach­tei­li­gung wegen einer Behin­de­rung zu beja­hen, wäre die­se recht­li­che Schlech­ter­stel­lung nach der Wer­tung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ledig­lich zuläs­sig, wenn zwin­gen­de Grün­de eine sol­che recht­fer­ti­gen. Die Recht­fer­ti­gung einer Benach­tei­li­gung ent­ge­gen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG unter­liegt damit einem stren­gen Maß­stab. Sie kommt nur im Wege einer Abwä­gung mit kol­li­die­ren­dem Ver­fas­sungs­recht und auf der Grund­la­ge einer stren­gen Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prü­fung in Betracht. Die Ungleich­be­hand­lung muss inso­weit zum Schutz eines ande­ren, min­des­tens gleich­wer­ti­gen Ver­fas­sungs­guts geeig­net, erfor­der­lich und ange­mes­sen sein. Es ist jeden­falls nicht von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen, dass die­se Wer­tung den Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in der hier zu beur­tei­len­den Kon­stel­la­ti­on in der Wei­se ver­stär­ken kann, dass eine stren­ge ver­fas­sungs­recht­li­che Prü­fung vor­zu­neh­men ist. Auch ein­zel­ne Aus­le­gungs­feh­ler sowie deut­li­che Feh­ler bei der Fest­stel­lung und Wür­di­gung des Sach­ver­halts könn­ten dann beacht­lich sein.
  3. b) Der Beschluss des Ober­lan­des­ge­richts hiel­te auch einer sol­chen stren­gen ver­fas­sungs­recht­li­chen Prü­fung in ver­fah­rens­recht­li­cher (aa)) und mate­ri­ell­recht­li­cher Hin­sicht (bb)) stand.
  4. aa) Die Annah­me einer Kin­des­wohl­ge­fähr­dung durch die Fach­ge­rich­te auf­grund des von ihnen fest­ge­stell­ten Sach­ver­halts lässt kei­ne beacht­li­chen Aus­le­gungs­feh­ler erken­nen. Die Fach­ge­rich­te haben die Ursa­chen der Kin­des­wohl­ge­fähr­dung hin­rei­chend auf­ge­klärt. Ins­be­son­de­re waren dafür kei­ne wei­ter­ge­hen­den Ermitt­lun­gen zu der Fra­ge gebo­ten, ob die Schu­le oder das Land einer Ver­pflich­tung zur Umset­zung eines Rechts auf inklu­si­ve Bil­dung aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG und aus Art. 24 BRK durch Schaf­fung erfor­der­li­cher struk­tu­rel­ler Rah­men­be­din­gun­gen hin­rei­chend nach­ge­kom­men ist. Denn nach der bean­stan­dungs­frei­en Wür­di­gung des Ober­lan­des­ge­richts lie­gen die Ursa­chen der Kin­des­wohl­ge­fähr­dung vor allem in dem Ver­hal­ten der Mut­ter. Die­ses bewirkt letzt­lich, dass not­wen­di­ge Unter­stüt­zun­gen und För­de­run­gen ihrer Toch­ter und ein erfor­der­li­cher ziel­dif­fe­ren­ter Unter­richt nicht erfol­gen kön­nen. Die Toch­ter kann im Ergeb­nis von der inklu­si­ven Beschu­lung nicht pro­fi­tie­ren, weil die­se für sie nach den getrof­fe­nen Fest­stel­lun­gen ange­sichts des Ver­hal­tens ihrer Mut­ter mit einer dau­er­haf­ten erheb­li­chen Belas­tung ver­bun­den ist.

Vor­lie­gend waren die Fach­ge­rich­te daher ledig­lich gehal­ten, die aktu­ell mög­li­chen oder in ange­mes­se­ner Zeit ver­füg­ba­ren Ange­bo­te der Schu­le zu prü­fen und zu klä­ren, ob deren Inan­spruch­nah­me zur Abwehr der Kin­des­wohl­ge­fähr­dung mög­lich ist. Hier­zu haben sie in ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu bean­stan­den­der Wei­se fest­ge­stellt, dass die Mut­ter sämt­li­che För­der­an­ge­bo­te abge­lehnt und die not­wen­di­ge Zusam­men­ar­beit nicht geleis­tet hat, so dass eine hin­rei­chen­de För­de­rung an der Regel­schu­le nicht mög­lich ist. Unter­stüt­zungs­maß­nah­men, die den­noch erfolg­ver­spre­chend ‒ ohne oder trotz Wider­spruch der Mut­ter ‒ in der Regel­schu­le hät­ten ein­ge­setzt und in ange­mes­se­ner Zeit hät­ten ein­ge­rich­tet wer­den kön­nen, sind nicht ersicht­lich. Ins­be­son­de­re benen­nen auch die Beschwer­de­füh­re­rin­nen kei­ne kon­kre­ten Maß­nah­men, deren Inan­spruch­nah­me die Fach­ge­rich­te zu Unrecht nicht in Betracht gezo­gen hätten.

  1. bb) Der erfolg­te Ent­zug von Tei­len des Sor­ge­rechts wür­de auch stren­ge­ren mate­ri­ell­recht­li­chen Anfor­de­run­gen genü­gen. Er fin­det sei­ne ver­fas­sungs­recht­li­che Grund­la­ge in dem Anspruch eines Kin­des aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG in Ver­bin­dung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG auf Schutz des Staa­tes und des­sen damit kor­re­spon­die­ren­der Schutz­pflicht. Als Erfül­lung des Schutz­an­spruchs erweist sich der Sor­ge­rechts­ent­zug in sei­nem gesam­ten Umfang selbst nach Maß­ga­be der erwo­ge­nen stren­gen Anfor­de­run­gen als ver­hält­nis­mä­ßig. Der Ein­griff ist ins­be­son­de­re auch erfor­der­lich. Inso­fern kommt vor allem nicht in Betracht, allein den Ent­zug des Rechts zur Bean­tra­gung von Jugend­hil­fe­maß­nah­men und zur Stel­lung von Anträ­gen nach den Sozi­al­ge­setz­bü­chern als mil­de­res, in glei­cher Wei­se geeig­ne­tes Mit­tel anzu­se­hen. Der Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit ver­langt, vor jedem Sor­ge­rechts­ent­zug wegen Kin­des­wohl­ge­fähr­dung zu prü­fen, ob der Kin­des­wohl­ge­fähr­dung nicht auf ande­re Wei­se, ins­be­son­de­re durch hel­fen­de, auf Her­stel­lung oder Wie­der­her­stel­lung eines ver­ant­wor­tungs­ge­rech­ten Ver­hal­tens gerich­te­te Maß­nah­men, begeg­net wer­den kann. Im Fall des Ent­zugs des Rechts der Schul­wahl für ein Kind erfor­dert dies die Prü­fung, ob nicht weni­ger ein­schnei­den­de Jugend­hil­fe­maß­nah­men, schu­li­sche Ange­bo­te oder ande­re Hil­fen ver­füg­bar sind, die eine Abwehr der fest­ge­stell­ten Kin­des­wohl­ge­fähr­dung ermög­li­chen. Im Fal­le eines Kin­des mit Behin­de­rung führt die Berück­sich­ti­gung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG dazu, dass ins­be­son­de­re auf Hil­fen zur Inte­gra­ti­on oder Inklu­si­on behin­der­ter Men­schen zu ach­ten ist. Dem trägt die Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richts Rech­nung. Es hat eine Kin­des­wohl­ge­fähr­dung durch die Über­for­de­rung der Toch­ter an der Regel­schu­le fest­ge­stellt. Die­se Über­for­de­rung wird dadurch, dass ihre Mut­ter die vor­han­de­nen Hilfs­an­ge­bo­te ‒ ins­be­son­de­re einen ziel­dif­fe­ren­ten Unter­richt ‒ ablehnt, ver­stärkt. Ange­sichts der fest­ge­stell­ten schwer­wie­gen­den, vor allem aus dem Ver­hal­ten der Mut­ter fol­gen­den Beein­träch­ti­gun­gen des Kin­des­wohls ihrer Toch­ter hat das Ober­lan­des­ge­richt den Ent­zug von Tei­len des Sor­ge­rechts ohne Ver­stoß gegen Ver­fas­sungs­recht als ange­mes­sen bewertet.

Filiz emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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