(Stutt­gart) Haben Eltern ihrem Kind eine ange­mes­se­ne Aus­bil­dung finan­ziert, wel­che den Bega­bun­gen und Nei­gun­gen des Kin­des ent­spricht, und fin­det das Kind in die­sem erlern­ten Beruf nach Abschluss der Aus­bil­dung kei­ne Arbeits­stel­le, sind die Eltern grund­sätz­lich nicht ver­pflich­tet, dem Kind eine wei­te­re Berufs­aus­bil­dung zu finanzieren.

Das, so der Nürn­ber­ger Fach­an­walt für Fami­li­en­recht Mar­tin Weis­pfen­ning, Vize­prä­si­dent und Geschäfts­füh­rer „Fami­li­en­recht“ der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des OLG Hamm vom 5.06.2018, hat der 7. Senat für Fami­li­en­sa­chen des Ober­lan­des­ge­richts Hamm am 27.04.2018 beschlos­sen (Az. 7 UF 18/18 OLG Hamm) und damit die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung des Amts­ge­richts — Fami­li­en­ge­richt — Dort­mund vom 03.01.2018 (Az. 116 F 5862/16 AG Dort­mund) abgeändert.

Das antrag­stel­len­de Land Nord­rhein-West­fa­len ver­langt von den Antrags­geg­nern aus Dort­mund, Eltern einer im Jahr 1991 gebo­re­nen Toch­ter, die Zah­lung von Aus­bil­dungs­un­ter­halt in Höhe von ca. 6.400 Euro. In Höhe die­ses Betra­ges bewil­lig­te das Land der Toch­ter für ein Stu­di­um in der Zeit von Okto­ber 2015 bis Sep­tem­ber 2016 Leis­tun­gen nach dem Bun­des­aus­bil­dungs­för­de­rungs­ge­setz (BAföG). Nach dem BAföG haben Eltern dem för­dern­den Land der­ar­ti­ge Zah­lun­gen zu erstat­ten, wenn sie für die geför­der­te Aus­bil­dung Unter­halt schulden.

Die Toch­ter der Antrags­geg­ner hat­te sich in der neun­ten Schul­klas­se, sei­ner­zeit 15 Jah­re alt, ent­schie­den, den Beruf einer Büh­nen­tän­ze­rin zu erler­nen. Sie hat­te des­we­gen nach der mitt­le­ren Rei­fe die Schu­le ver­las­sen und in der Fol­ge­zeit an einer Hoch­schu­le in Mann­heim den Stu­di­en­gang Tanz absol­viert. Das Stu­di­um konn­te sie 2011 mit dem Tanz­di­plom abschlie­ßen. In der Fol­ge­zeit gelang es der Toch­ter aller­dings nicht, eine Anstel­lung als Tän­ze­rin zu erhal­ten. Des­we­gen nahm sie 2012/13 die Schul­bil­dung wie­der auf, erwarb die all­ge­mei­ne Hoch­schul­rei­fe und begann 2015/16 in Müns­ter Psy­cho­lo­gie zu stu­die­ren. Für die­ses Stu­di­um erhielt sie die infra­ge ste­hen­den BAföG-Leistungen.

Nach der Ent­schei­dung des 7. Senats für Fami­li­en­sa­chen des Ober­lan­des­ge­richts Hamm schul­den die Eltern für das Hoch­schul­stu­di­um ihrer Toch­ter kei­nen Aus­bil­dungs­un­ter­halt und haben daher dem Land die BAföG-Leis­tun­gen nicht zu erstatten.

Eltern schul­de­ten ihrem Kind grund­sätz­lich eine Berufs­aus­bil­dung, so der Senat, die der Bega­bung und den Fähig­kei­ten, dem Leis­tungs­wil­len und den beach­tens­wer­ten Nei­gun­gen des Kin­des am bes­ten ent­spre­che und sich in den Gren­zen der wirt­schaft­li­chen Leis­tungs­fä­hig­keit der Eltern hal­te. Hät­ten Eltern ihrem Kind eine sol­che ers­te Berufs­aus­bil­dung gewährt, sei­en sie grund­sätz­lich nicht mehr ver­pflich­tet, die Kos­ten einer wei­te­ren Aus­bil­dung zu tra­gen. Aus­nah­men hier­von sei nur unter beson­de­ren Umstän­den gege­ben, etwa wenn der Beruf aus gesund­heit­li­chen oder sons­ti­gen, bei Aus­bil­dungs­be­ginn nicht vor­her­seh­ba­ren Grün­den nicht aus­ge­übt wer­den kön­ne. Fer­ner kom­me eine fort­dau­ern­de Unter­halts­pflicht in Betracht, wenn die wei­te­re Aus­bil­dung als eine im engen sach­li­chen und zeit­li­chen Zusam­men­hang mit der Erst­aus­bil­dung ste­hen­de Wei­ter­bil­dung anzu­se­hen sei und vorn­her­ein ange­strebt gewe­sen sei oder wenn wäh­rend der ers­ten Aus­bil­dung eine beson­de­re, die Wei­ter­bil­dung erfor­dern­de Bega­bung deut­lich werde.

Im vor­lie­gen­den Fall hät­ten die Eltern ihrer Toch­ter bereits die Erst­aus­bil­dung zur Büh­nen­tän­ze­rin finan­ziert. Wei­te­ren Aus­bil­dungs­un­ter­halt schul­de­ten sie nicht.

Ihre Toch­ter habe mit dem Diplom eine staat­lich aner­kann­te Berufs­aus­bil­dung zur Büh­nen­tän­ze­rin abge­schlos­sen. Das spä­te­re Stu­di­um der Psy­cho­lo­gie stel­le kei­ne Wei­ter­bil­dung dar, die im Zusam­men­hang mit der ers­ten Aus­bil­dung ste­he. Die Toch­ter habe bei der Auf­nah­me ihrer Tanz­aus­bil­dung auch kei­nen wei­te­ren Besuch der all­ge­mein­bil­den­den Schu­le mit anschlie­ßen­dem Stu­di­um angestrebt.

Es sei zudem nicht zu erken­nen, dass die Aus­bil­dung zur Büh­nen­tän­ze­rin den dama­li­gen Nei­gun­gen und Fähig­kei­ten und der Bega­bung der Toch­ter nicht ent­spro­chen habe. Die Toch­ter habe schon seit ihrem fünf­ten Lebens­jahr das Hob­by Bal­lett. Im Grund­schul­al­ter habe sie Bal­lett­un­ter­richt gehabt. Die Auf­nah­me­prü­fung an der staat­li­chen Hoch­schu­le für Musik und dar­stel­len­de Kunst in Mann­heim haben sie bestan­den und eine ein­jäh­ri­ge Vor­be­rei­tungs­zeit an der Aka­de­mie des Tan­zes absol­viert. Im Anschluss dar­an habe sie an einem erneu­ten Aus­wahl­ver­fah­ren an der Hoch­schu­le mit Erfolg teil­ge­nom­men und sei zum Stu­di­en­gang Tanz zuge­las­sen wor­den. Bei die­sem Wer­de­gang sei­en die Nei­gun­gen und Fähig­kei­ten der Toch­ter, bezo­gen auf den Zeit­punkt des Aus­bil­dungs­be­ginns, nicht falsch ein­ge­schätzt worden.

Eine sol­che Fehl­ein­schät­zung las­se sich auch nicht dem Abschluss der Tanz­di­plom­prü­fung ent­neh­men, in deren prak­ti­schen Teil die Toch­ter einen befrie­di­gen­den Noten­durch­schnitt erzielt habe. Dass sie spä­ter kei­ne Anstel­lung als Tän­ze­rin gefun­den habe, beru­he auf einer ver­schlech­ter­ten Arbeits­markt­si­tua­ti­on. In der Zeit nach Abschluss ihres Stu­di­ums hät­ten sich bis zu 3000 Bewer­ber auf eine Stel­le im Bereich des Büh­nen­tan­zes bewor­ben. Des­we­gen sei für die Toch­ter erkenn­bar gewor­den, dass Bewer­bun­gen mit ihren prak­ti­schen Noten im Büh­nen­tanz­be­ruf aus­sichts­los gewe­sen seien.

Ein der­ar­ti­ges Risi­ko der Nicht­be­schäf­ti­gung ihres Kin­des nach Abschluss der geschul­de­ten Erst­aus­bil­dung, dass sich im vor­lie­gen­den Fall ver­wirk­licht habe, hät­ten unter­halts­ver­pflich­te­te Eltern grund­sätz­lich nicht zu tra­gen. Ihnen fal­le das all­ge­mei­ne Arbeits­platz­ri­si­ko nicht zur Last. Viel­mehr müs­se ein Voll­jäh­ri­ger, der nach Abschluss sei­ner Aus­bil­dung arbeits­los sei, pri­mär selbst für sei­nen Unter­halt sor­gen und jede Arbeits­stel­le anneh­men, auch außer­halb des erlern­ten Berufs. Das gel­te auch dann, wenn im erlern­ten Beruf tat­säch­lich kei­ne Ver­dienst­mög­lich­keit mehr bestünde.

Weis­pfen­ning emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

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