(Stutt­gart) Ent­erbt ein Groß­va­ter nur sei­nen Sohn und ver­erbt sein Ver­mö­gen ande­ren Erben, kann dem Enkel ein Pflicht­teils- und Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch zustehen.

Dar­auf ver­weist der Stutt­gar­ter Fach­an­walt für Erbrecht Micha­el Henn, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e.V., mit dem Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Ober­lan­des­ge­richts Hamm vom 5.02.2018 zu sei­nem rechts­kräf­ti­gen Urteil vom 26.10.2017 (Az. 10 U 31/17 OLG Hamm).

Im Okto­ber 2011 ver­starb der sei­ner­zeit 72 Jah­re Erb­las­ser aus Hagen. Er hin­ter­ließ einen Nach­lass und eine Lebens­ver­si­che­rung im — gericht­lich fest­ge­stell­ten — Wert von zusam­men ca. 1.854.000 Euro.

Der Erb­las­ser hat­te zwei Söh­ne. Der Älte­re ver­starb kin­der­los im Jah­re 1990 im Alter von 28 Jah­ren. Der Jün­ge­re, heu­te 53 Jah­re alt, ist — nach im Pro­zess vor­ge­leg­ter Geburts­ur­kun­de — der Vater des heu­te 21 Jah­re alten Klä­gers aus Hagen. Bei­de Söh­ne hat­te der Erb­las­ser in einem im Jah­re 1989 errich­te­ten Tes­ta­ment ent­erbt und zur Begrün­dung auf ihre Rausch­gift­sucht und began­ge­ne Straf­ta­ten hin­ge­wie­sen, u.a. eine vom jün­ge­ren Sohn gegen ihn ver­üb­te Kör­per­ver­let­zung. Zu Erben bestimm­te der Erb­las­ser in dem Tes­ta­ment sei­ne dama­li­ge Lebens­ge­fähr­tin sowie sei­nen Bru­der, den heu­te 79 Jah­re alten Beklag­ten aus Münster.

Nach dem Tode des Erb­las­sers teil­ten die Erben den Nach­lass unter sich auf. Im Jah­re 2014 mach­te der Klä­ger Pflicht­teils- und Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­sprü­che in Höhe von zuletzt ca. 927.000 Euro gegen den Beklag­ten und die Lebens­ge­fähr­tin des Erb­las­sers gel­tend. Hier­zu trug er vor, Enkel des Erb­las­sers zu sein, so dass ihm als — allein ver­blie­be­nen — gesetz­li­chen Erben die Hälf­te des Nach­las­ses als Pflicht­teil zuste­he. Die Erben haben u.a. die Vater­schaft des ent­erb­ten Soh­nes bestrit­ten und allein die vom Klä­ger vor­ge­leg­te Geburts­ur­kun­de für kei­nen aus­rei­chen­den Nach­weis gehal­ten. Außer­dem haben sie gel­tend gemacht, dass sie den Nach­lass ver­braucht bzw. wei­ter­ge­ge­ben hätten.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge im Wesent­li­chen statt­ge­ge­ben und die Lebens­ge­fähr­tin des Erb­las­sers sowie den Beklag­ten dazu ver­ur­teilt, an den Klä­ger auf den ihm zuste­hen­den Pflicht­teil nebst Pflicht­teils­er­gän­zung ins­ge­samt ca. 927.000 Euro zu zah­len. Die Lebens­ge­fähr­tin des Erb­las­sers hat ihre Ver­ur­tei­lung nicht angefochten.

Die Beru­fung des Beklag­ten ist erfolg­los geblie­ben. Der 10. Zivil­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Hamm hat sei­ne erst­in­stanz­li­che Ver­ur­tei­lung bestätigt.

Der Klä­ger sei pflicht­teils­be­rech­tigt, so der Senat. Er habe nach­ge­wie­sen, dass er der Sohn des jün­ge­ren Soh­nes des Erb­las­sers und damit des­sen Enkel sei. Grund­la­ge der Pflicht­teils­be­rech­ti­gung sei, wie beim gesetz­li­chen Erbrecht, die recht­li­che Abstam­mung des Klä­gers von sei­nem Vater. Die­se habe der Klä­ger im vor­lie­gen­den Fall mit einer Geburts­ur­kun­de nach­wei­sen kön­nen und durch die im Ori­gi­nal vor­ge­leg­te Geburts­ur­kun­de auch nach­ge­wie­sen. Nach dem Inhalt die­ser Urkun­de sei der Klä­ger das Kind des jün­ge­ren Sohns des Erb­las­sers. Dass der Klä­ger ein nicht­ehe­li­ches Kind sei, sei recht­lich uner­heb­lich. Eine Unrich­tig­keit die­ser Geburts­ur­kun­de habe der Beklag­te zu bewei­sen, was ihm nicht gelun­gen sei. Ob der Klä­ger auch bio­lo­gisch vom Sohn des Erb­las­sers abstam­me, sei auf­grund der fest­ste­hen­den recht­li­chen Vater­schaft nicht von Bedeutung.

Das vom Erb­las­ser errich­te­te Tes­ta­ment habe den Klä­ger durch die vom Erb­las­ser bestimm­te Erb­ein­set­zung sei­nes Bru­ders und sei­ner Lebens­ge­fähr­tin von der gesetz­li­chen Erb­fol­ge ausgeschlossen.

Als ent­fern­te­rer Abkömm­ling des Erb­las­sers sei der Klä­ger nun­mehr pflicht­teils­be­rech­tigt. Eine dem Klä­ger vor­ge­hen­de Pflicht­teils­be­rech­ti­gung sei­nes Vaters sei nicht gege­ben. Die­sem habe der Erb­las­ser neben dem Erbrecht auch den Pflicht­teil ent­zo­gen. Das fol­ge aus der tes­ta­men­ta­risch ver­füg­ten Enter­bung, die auf­grund der sei­ner­zeit vor­lie­gen­den Ent­zie­hungs­grün­de auch wirk­sam sei.

Im Gegen­satz zu sei­nem Vater habe der Klä­ger sein Pflicht­teils­recht nicht ver­lo­ren. Der Erb­las­ser habe in sei­nem Tes­ta­ment nur ange­ord­net, sei­nen Söh­nen, nicht aber auch auf deren Nach­kom­men den Pflicht­teil zu ent­zie­hen. Bezo­gen auf die Per­son des Klä­gers sei zudem kein Grund für eine Ent­zie­hung des Pflicht­teils ersicht­lich und vom Erb­las­ser ent­spre­chend den gesetz­li­chen Vor­ga­ben auch tes­ta­men­ta­risch nicht ver­fügt worden.

Da der Beklag­te — neben der Lebens­ge­fähr­tin des Erb­las­sers — dem Klä­ger gegen­über den Pflicht­teils- und Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch als Gesamt­schuld­ner schul­de, sei er in Höhe des gesam­ten Anspruchs zur Zah­lung zu verurteilen.

Dar­auf, dass der Nach­lass nicht mehr oder nur noch zum Teil vor­han­den sei, kön­ne sich der Beklag­te nicht beru­fen. Nach der Aus­ein­an­der­set­zung der Erben­ge­mein­schaft habe er den Pflicht­teils­an­spruch mit sei­nem gesam­ten Ver­mö­gen und nicht nur mit dem über­nom­me­nen Nach­lass zu erfüllen.

Henn riet, das zu beach­ten und in Zwei­fels­fäl­len recht­li­chen Rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die Anwälte/ — innen in der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., — www.dansef.de — verwies.

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