(Stutt­gart) Macht ein Erb­las­ser zu Leb­zei­ten ihm zuste­hen­de Ren­ten­an­sprü­che nicht gel­tend, kann der Zah­lungs­pflich­ti­ge dem Erben die ihm gegen den Erb­las­ser zuste­hen­den Ein­wän­de gel­tend machen und auch die Ein­re­de der Ver­jäh­rung erhe­ben. Die Vor­aus­set­zun­gen einer die Ver­jäh­rung hem­men­den Stun­dungs­ab­re­de zwi­schen den Zah­lungs­pflich­ti­gen und dem Erb­las­ser hat hier­bei der Erbe nachzuweisen.

Dar­auf ver­weist der Stutt­gar­ter Fach­an­walt für Erbrecht Micha­el Henn, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e.V., mit dem Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Ober­lan­des­ge­richts Hamm vom 15.01.2018 zu sei­nem Urteil vom 24.10.2017 (Az. 10 U 14/17 OLG Hamm).

Die heu­te 60 Jah­re alte Klä­ge­rin aus Ober­hau­sen und der heu­te 68 Jah­re alte Beklag­te aus einer Gemein­de in Ost­west­fa­len-Lip­pe sind die Kin­der des im Jahr 2014 im Alter von 93 Jah­ren ver­stor­be­nen Erb­las­sers. Die­ser war Inha­ber eines Unter­neh­mens, das im Bie­le­fel­der Raum Indus­trie­ver­pa­ckun­gen pro­du­ziert. Die Ehe­frau des Erb­las­sers und Mut­ter der Par­tei­en ver­starb im Jah­re 2008.

Bereits zu Leb­zei­ten, mit nota­ri­el­lem Ver­trag aus dem Jahr 1996, über­trug der Erb­las­ser die von ihm gehal­te­nen Unter­neh­mens­an­tei­le an den Beklag­ten, der sich zur Sicher­stel­lung der Ver­sor­gung sei­ner Eltern ver­pflich­te­te, dem Erb­las­ser ab 1997 eine monat­li­che Leib­ren­te von 10.000 DM zu zah­len. Mit einem Tes­ta­ment aus dem Jah­re 1996 setz­te der Erb­las­ser die Klä­ge­rin zu sei­ner Allein­er­bin ein.

Ab dem Jah­re 2001 redu­zier­te der Beklag­te sei­ne monat­li­chen Leib­ren­ten­zah­lun­gen an den Erb­las­ser. Bezo­gen auf die — zunächst ver­trag­lich ver­ein­bar­te — Ren­te in Höhe von 10.000 DM ergab sich bis zum Tod des Erb­las­sers eine Min­der­zah­lung des Beklag­ten in Höhe von ca. 295.000 Euro. Zu sei­nen Leb­zei­ten ver­lang­te der Erb­las­ser vom Beklag­ten kei­nen Aus­gleich der Fehl­be­trä­ge. Die­se for­der­te die Klä­ge­rin nach dem Tode des Erb­las­sers vom Beklag­ten ein. Nach ihrer Auf­fas­sung waren die Fehl­be­trä­ge ihrem Bru­der zwar gestun­det, aber nicht erlas­sen wor­den. Der Beklag­te ver­wei­ger­te die Zah­lung unter ande­rem mit der Begrün­dung, der Erb­las­ser habe ohne Abspra­che mit ihm, dem Beklag­ten die Redu­zie­rung der monat­li­chen Ren­ten­bei­trä­ge ver­an­lasst. Zudem hat der Beklag­te die Ein­re­de der Ver­jäh­rung erhoben.

Das Land­ge­richt hat den Beklag­ten zur Zah­lung des vol­len Rück­stan­des ver­ur­teilt. Auf die Beru­fung des Beklag­ten hat der 10. Zivil­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Hamm die vom Beklag­ten aus­zu­glei­chen­de For­de­rung auf ca. 53.000 Euro redu­ziert und der Klä­ge­rin nur die ab dem Jah­re 2012 auf­ge­lau­fe­nen Rück­stän­de zugesprochen.

Als Allein­er­bin ihres Vaters kön­ne der Klä­ge­rin zwar die Zah­lung der vom Beklag­ten noch nicht erfüll­ten Leib­ren­ten­an­sprü­che des Erb­las­sers ver­lan­gen, so der Senat. Der Nach­lass­for­de­rung kön­ne der Beklag­te aber ihm zuste­hen­de, auch zu Leb­zei­ten des Erb­las­sers begrün­de­te Ein­wän­de entgegenhalten.

Dass der Erb­las­ser und der Beklag­te einen Erlass der Leib­ren­ten­rück­stän­de ver­ein­bart hät­ten, las­se sich zwar nicht fest­stel­len. Die vor dem Jah­re 2012 fäl­lig gewor­de­nen Leib­ren­ten­an­sprü­che sei­en hin­ge­gen ver­jährt. In Bezug auf die­se Ansprü­che sei die drei­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist vor Kla­ge­er­he­bung abgelaufen.

Dass der Ablauf der Ver­jäh­rungs­frist durch eine Stun­dungs­ab­re­de zwi­schen dem Erb­las­ser und dem Beklag­ten gehemmt gewe­sen sei, las­se sich ent­ge­gen der Ansicht des Land­ge­richts nicht feststellen.

Das Zustan­de­kom­men einer Stun­dungs­ab­re­de habe die Klä­ge­rin vor­zu­tra­gen und nach­zu­wei­sen, was ihr im vor­lie­gen­den Fall nicht gelun­gen sei. So habe die Klä­ge­rin bereits nicht schlüs­sig dar­ge­legt, dass sich der Beklag­te und der Erb­las­ser auf ein vor­über­ge­hen­des Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht des Beklag­ten ver­trag­lich ver­stän­digt hat­ten. Nach dem inso­weit unwi­der­spro­chen geblie­be­nen Vor­trag des Beklag­ten wies der Erb­las­ser einen mit der Ver­wal­tung der Leib­ren­ten­zah­lun­gen betrau­ten Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen jeweils ohne nähe­re Erklä­rung an, die Höhe einer Ren­ten­zah­lung zu kür­zen. Hier­aus erge­be sich kei­ne Stun­dungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Erb­las­ser und dem Beklagten.

Auf eine sol­che sei auch nicht aus einer vom Ehe­mann der Klä­ge­rin bestä­tig­ten Äuße­rung des Erb­las­sers der Klä­ge­rin gegen­über zu schlie­ßen, nach wel­cher Zah­lun­gen, die ihr Bru­der wäh­rend der finan­zi­el­len Lage der Fir­ma im Moment nicht leis­ten müs­se, spä­ter nach­ge­holt wer­den soll­ten. Grund­la­ge die­ser Äuße­rung kön­ne auch ein ein­sei­ti­ger Ent­schluss des Erb­las­sers gewe­sen sein, dem kei­ne Stun­dungs­ver­ein­ba­rung mit dem Beklag­ten zu Grun­de gele­gen habe.

Henn riet, das zu beach­ten und in Zwei­fels­fäl­len recht­li­chen Rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die Anwälte/ — innen in der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., — www.dansef.de — verwies.

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