(Stutt­gart) Der leib­li­che Vater kann die recht­li­che Vater­schaft mit Erfolg anfech­ten, wenn der recht­li­che Vater und sein Kind kei­ne sozia­le Fami­lie bil­den, so dass zwi­schen ihnen kei­ne gesetz­lich geschütz­te sozi­al-fami­liä­re Bezie­hung besteht.

Dar­auf ver­weist der Ham­mer Fach­an­walt für Fami­li­en­recht Cas­par Blu­men­berg, Vize­prä­si­dent der Deut­schen Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V. mit Sitz in Stutt­gart, unter Hin­weis auf die ent­spre­chen­de Mit­tei­lung des Ober­lan­des­ge­richts Hamm vom 8.04.2016 zu sei­nem Beschluss vom 11.02.2016 (12 UF 244/14).

Die Betei­lig­ten stam­men aus einem west­afri­ka­ni­schen Staat. Nach ihrer Ein­rei­se nach Deutsch­land im Jah­re 2010 hat­te die heu­te 24 Jah­re alte Kin­des­mut­ter zunächst eine Bezie­hung mit dem heu­te 23 Jah­re alten leib­li­chen Vater, aus der der im Sep­tem­ber 2011 gebo­re­ne Jun­ge her­vor­ge­gan­gen ist. Noch vor der Geburt des Kin­des hat der heu­te 50 Jah­re alte recht­li­che Vater, der seit den 1990er Jah­ren in Deutsch­land lebt und die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit besitzt, die Vater­schaft aner­kannt. Er hat mit der Mut­ter eine gemein­sa­me Sor­ge­rechts­er­klä­rung abge­ge­ben und sich in einer Urkun­de zur Zah­lung von Unter­halt ver­pflich­tet. Weder er noch der leib­li­che Vater leb­ten in der Ver­gan­gen­heit mit der Mut­ter und/oder dem Kind zusam­men. Bei­de hat­ten jedoch regel­mä­ßig Kon­takt zu dem Kind. Die Kin­des­mut­ter lebt zur­zeit mit zwei wei­te­ren, jün­ge­ren Kin­dern in Müns­ter und unter­hält eine Bezie­hung zu dem Vater ihrer jün­ge­ren Kin­der. Der recht­li­che Vater lebt eben­falls in Müns­ter, der leib­li­che Vater lebt in Dortmund.

In einem vom leib­li­chen Vater bean­trag­ten Vater­schafts­fest­stel­lungs­ver­fah­ren hat das Fami­li­en­ge­richt nach ein­ge­hol­tem Abstam­mungs­gut­ach­ten, das die leib­li­che Vater­schaft bestä­tigt, fest­ge­stellt, dass der Antrag­stel­ler und nicht der recht­li­che Vater der Kin­des­va­ter ist. Die Ent­schei­dung des Fami­li­en­ge­richts haben der recht­li­che Vater und die Kin­des­mut­ter mit der Begrün­dung ange­foch­ten, der leib­li­che Vater sei nicht zur Vater­schafts­an­fech­tung berech­tigt gewe­sen, weil zwi­schen dem recht­li­chen Vater und dem Kind eine sozi­al-fami­liä­re Bezie­hung bestehe. Die­se hat der leib­li­che Vater in Abre­de gestellt und gemeint, die Aner­ken­nung der Vater­schaft durch den recht­li­chen Vater sei nur aus auf­ent­halts­recht­li­chen Grün­den erfolgt.

Der 12. Senat für Fami­li­en­sa­chen des Ober­lan­des­ge­richts Hamm hat die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung bestä­tigt. Zwi­schen dem Kind und sei­nem recht­li­chen Vater bestehe, so der Senat, kei­ne sozi­al-fami­liä­re Bezie­hung im Sin­ne des § 1600 Bür­ger­li­ches Gesetz­buch, die eine Anfech­tung der Vater­schaft durch den bio­lo­gi­schen Vater ausschließe.

Eine vom Gesetz geschütz­te sozi­al-fami­liä­re Bezie­hung bestehe nur dann, wenn der recht­li­che Vater für das Kind tat­säch­li­che Ver­ant­wor­tung tra­ge. Davon sei in der Regel aus­zu­ge­hen, wenn er mit der Mut­ter ver­hei­ra­tet sei oder mit dem Kind län­ge­re Zeit in häus­li­cher Gemein­schaft zusam­men­le­be. Bei­des tref­fe im vor­lie­gen­den Fall nicht zu.

Auch außer­halb die­ser Regel­ver­mu­tun­gen sei eine Anfech­tung durch den bio­lo­gi­schen Vater aus­ge­schlos­sen, wenn der recht­li­che Vater zu dem Kind eine schüt­zens­wer­te, sozi­al gehalt­vol­le Bezie­hung unter­hal­te. Die ein­schlä­gi­ge gesetz­li­che Vor­schrift die­ne im Inter­es­se des Kin­des dem Schutz der bestehen­den sozia­len Fami­lie, wobei zu berück­sich­ti­gen sei, dass das Kind bei einer erfolg­rei­chen Anfech­tung nicht vater­los gestellt wer­de, son­dern den bio­lo­gi­schen Vater zum recht­li­chen Vater erhal­te. Die vom Gesetz geschütz­te sozi­al gehalt­vol­le Bezie­hung zwi­schen recht­li­chem Vater und dem Kind kön­ne sich nur aus der Wahr­neh­mung typi­scher Eltern­rech­te und ‑pflich­ten des recht­li­chen Vaters erge­ben. Im vor­lie­gen­den Fall sei­en die­se im Ver­hält­nis des recht­li­chen Vaters zu dem 2011 gebo­re­nen Jun­gen nicht fest­stell­bar. Die for­mel­len Aspek­te der Vater­schafts­an­er­ken­nung, einer gemein­sa­men Sor­ge­rechts­er­klä­rung sowie der mone­tä­re Aspekt der Unter­halts­zah­lung sei­en inso­weit nicht aus­rei­chend. Die vom Gesetz geschütz­te sozia­le Fami­lie müs­se tat­säch­lich bestehen, was in Bezug auf den recht­li­chen Vater vor­lie­gend nicht der Fall sei, weil die Kin­des­mut­ter in einer neu­en fes­ten Bezie­hung lebe und mit ihrem neu­en Part­ner zwei wei­te­re Kin­der habe. Dem­ge­gen­über habe der recht­li­che Vater kei­ne von ihm aktu­ell erbrach­ten Betreu­ungs­leis­tun­gen für den 2011 gebo­re­nen Jun­gen benen­nen kön­nen. Dass er dem Jun­gen auf­grund bestehen­der Kon­tak­te ein ver­trau­ter Spiel­part­ner sei und von ihm “Papa” genannt wer­de — so bezeich­ne der Jun­ge auch den neu­en Part­ner sei­ner Mut­ter — genü­ge inso­weit nicht.

Blu­men­berg emp­fahl, dies zu beach­ten und in allen Zwei­fels­fäl­len Rechts­rat ein­zu­ho­len, wobei er u. a. auch auf die bun­des­weit mehr als 700 auf Erbrecht, Erb­schaft­steu­er­recht und Schei­dungs­recht spe­zia­li­sier­ten Rechts­an­wäl­te und Steu­er­be­ra­ter der DANSEF Deut­sche Anwalts‑, Notar- und Steu­er­be­ra­ter­ver­ei­ni­gung für Erb- und Fami­li­en­recht e. V., www.dansef.de verwies.

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